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Sport: IOC-Präsident: Der Charismatiker: Richard Pound wurde lange als Nachfolger gehandelt, doch nun könnte es zu spät sein

Richard Pound könnte schon lange Präsident des Internationalen Olympischen Komitees sein. Er ist das talentierteste und auffälligste Mitglied des Alt-Herren-Klubs.

Richard Pound könnte schon lange Präsident des Internationalen Olympischen Komitees sein. Er ist das talentierteste und auffälligste Mitglied des Alt-Herren-Klubs. Doch der Sprung auf die höchste Position des internationalen Sports wurde Pound verweigert. Samaranch hat lange an der Macht geklebt, nun könnte es für den lange gehandelten Nachfolger zu spät sein. Manche sprechen schon von einer Rache des Monarchen. Denn Pound ist das, was Samaranch nie war: charismatisch.

Der Kanadier wurde schon als Sportler beim Massenpublikum bekannt. Der heute 59-Jährige erschwamm sich bei Olympia 1960 in Rom den sechsten Platz im 100-Meter-Freistil-Rennen. Seine breiten Schultern erinnern noch heute daran.

Jurist ist er, Kunst hat er auch studiert und Wirtschaft. Pound, der Vielseitige, sitzt seit 1978 im IOC. Für ihn ging es immer aufwärts, neben Samaranch gilt er als der geschickteste Funktionär. Er hat die teuren Fernseh- und Sponsorenverträge abgeschlossen, die der olympischen Führungsclique ein luxuriöses Dasein zwischen Business Class und Fünf-Sterne-Hotels sicherten. Pound ist auch Liebling der Medien. Auf Fragen antwortet er prägnant und lustig - so wie es Journalisten mögen. Und abseits der Interviews lässt er noch ein paar Interna über seine Kollegen fallen. Ein Profi.

Doch die professionelle Vermarktung hatte einen Nachteil. Sie führte zu Korruptionsskandalen. Plötzlich erschien das IOC als käuflicher, antidemokratischer Klub mit wenig Sinn für Sport und Fairness. Den olympischen Zuschlag für eine bestimmte Stadt ließen sich die Herren großzügig bezahlen: mit Reisen, sexuellen Abenteuern, Stipendien für den Familiennachwuchs und manchmal mit viel Bargeld.

Als 1998 in Salt Lake City der Damm brach und die Machenschaften an das Licht der Öffentlichkeit gelangten, erbte Pound einen sensiblen Job. Er musste ein paar korrupte Mitglieder aus der IOC-Führungsmannschaft werfen - und gleichzeitig so wenig Reformen wie möglich durchsetzen. Doch kaum war der erste Skandal überstanden, kam schon der nächste. Es wurde bekannt, dass das IOC positive Dopingtests verheimlicht hatte. Seitdem erfasst eine Welle von Dopingskandalen den internationalen Sport - bis hin zur Tour de France.

Was tun? Samaranch versuchte zunächst, eine Anti-Doping-Agentur einzusetzen - allerdings unter Kontrolle des IOC. Doch die Regierungen aller Kontinente sagten dazu: nein. Pound realisierte schnell, wie schlimm es um das IOC stand. Ohne einen glaubhaften Kampf gegen den Betrug würde die Organisation nicht mehr lange existieren. Und die Olympischen Spiele auch nicht. Pound schaffte es schließlich, gemeinsam mit den Regierungen eine Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) auf den Weg zu bringen. Doch ausgerechnet hier hapert es noch am Geld.

Pound ist ein guter Kandidat. Mit seinem Wahlprogramm lassen sich Stimmen sammeln. Pound fordert mehr Verantwortung für die IOC-Mitglieder - "Finanzen eingeschlossen". Doch dafür ist es wohl zu spät. Pounds olympische Karriere könnte als Tragödie enden. Um seinen Aufstieg nicht zu gefährden, hat er einst die Korruption seiner Kollegen und das Beharrungsvermögen Samaranchs an der IOC-Spitze toleriert. Nun stehen ihm seine alten Ambitionen selbst im Weg.

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