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Sport: „Irgendwann werden Frauen auch Formel 1 fahren“

Rennfahrerin Jutta Kleinschmidt über die Faszination der Wüstenrallye Dakar und ihren Wechsel zu BMW

Frau Kleinschmidt, wie haben Sie dieses Mal Silvester verbracht?

Ich war das erste Mal seit langem wieder zu Hause bei mir in Monaco und konnte ein wenig mit meinem Freund und mit Freunden feiern. Das lag daran, dass die Rallye Dakar diesmal erst am 6. Januar beginnt. Ein Glas Champagner war da drin. Viel mehr aber nicht.

Was erwarten Sie in diesem Jahr bei der legendären Rallye? Sie treten das erste Mal mit einem BMW an.

Es wird tierisch spannend. Ich freue mich. Wir haben alles getan, um optimal vorbereitet zu sein.

Wie enttäuscht waren Sie, dass die Zusammenarbeit mit VW so abrupt beendet wurde?

Es ging. Denn ich war schnell abgelenkt, als ich mit Sven Quandt und seinem X-Raid-Team einig war. Wir machten sofort gemeinsame Pläne. Schön ist es auch, dass BMW uns mit den Motoren unterstützt und von Anfang an toll mitgezogen hat. Wir bekommen von BMW dazu noch technische Unterstützung, was bei der Diesel-Technik, die komplizierter ist als die Technik von Benzinmotoren, sehr hilfreich ist. Wenn jetzt noch mehr Sponsoren dazukommen würden, wäre alles perfekt.

Trotzdem: Mit Ihnen hat VW doch eine Gallionsfigur ziehen lassen, die nach dem Sieg bei der Rallye Dakar sogar 2001 zur Sportlerin des Jahres in der ARD gewählt worden ist. Was ist denn passiert?

Da muss man VW-Sportchef Kris Nissen fragen. Es gab keine persönlichen Verhandlungen, null. Ich weiß nicht, was ihn zur Trennung bewogen hat.

Wenn ein VW mit einem Platten in der Wüste steht, halten Sie dann an?

Natürlich nicht. Ich würde auch nicht bei einem Mitsubishi stehen bleiben. Bei einem Teamkollegen dagegen schon, das ist üblich so. Wenn jemand aber winkt und ein größeres Problem hat, halte ich an, das ist klar. Aber ein Plattfuß in der Wüste ist keine große Sache. In zwei Minuten ist das neue Rad normalerweise dran.

Zurück zu BMW. Wissen die Leute in München, dass Sie mal bei BMW gearbeitet haben?

Ja, ich kenne noch viele aus meiner Zeit als Entwicklungsingenieurin. Wenn man so will, bin ich jetzt wieder zu Hause. Bayern ist meine Heimat.

Man hört das Bayrische überhaupt nicht.

Ich kann auch bayrisch reden, wenn ich will. Fragen Sie mal die BMW-Techniker. Ich bin nur in Köln geboren, weil mein Vater Kölner ist. Aber meine Mutter ist aus Berchtesgaden. Bei mir gibt es nur Fasching, nicht Karneval.

Wie kommt eine junge Frau eigentlich dazu, Rennfahrerin zu werden?

Aus der Abenteuerlust heraus. Ich fuhr früher eine BMW R80 GS. Es war das Geländemotorrad überhaupt. Damit musste man ja praktisch in die Wüste fahren. Also habe ich meinen Urlaub damit verbracht, die Dakar-Rallye mit meinem Motorrad zu begleiten, als Tourist mit Zelt und Schlafsack. Da hat es mich gepackt, und ich wollte das professionell machen. Ich verdiente mir das nötige Geld, das ich für den Anfang brauchte, zusätzlich zu meiner Ingenieursarbeit mit einem Partyservice. Dann habe ich mich vom kleinen Privatfahrer in die Topliga hochgearbeitet.

Sie gelten als Beispiel dafür, dass Frauen auch in einer Sportart voller Männer Erfolg haben können. Wieso gibt es aber immer noch keine Pilotin in der Formel 1?

Schwierig zu sagen. Vom Können her wäre es kein Problem, weil das Rennfahren heute mit Servolenkung und anderen elektronischen Hilfsmitteln kein großer Kraftakt mehr ist. Ich glaube, es liegt eher daran, dass zum großen Teil immer noch mehr Jungs mit dem Kartsport beginnen. Und das ist nun mal die beste Voraussetzung für eine Karriere im Formelsport. Aber ich bin sicher, dass es auch Frauen irgendwann in der Formel 1 geben wird.

War die Formel 1 nie Ihr Ziel?

Nein. Wie gesagt, ich bin abenteuerlustig. Deshalb fasziniert mich die Wüste, weil da immer etwas Neues passiert. Man hat ständig mit Überraschungen zu leben und muss sofort reagieren. Beispielsweise, wenn man plötzlich vor einer Düne steht und nicht weiß, was dahinter kommt. Auf der Rundstrecke kennt man ja nach ein paar Runden schon alles.

Gefährlich ist die Formel 1 ja auch nicht mehr wirklich – im Gegensatz zur Rallye Dakar. Kann man da nicht sogar in der Wüste verschollen gehen?

Nein, die Chance ist verschwindend gering. Obwohl die Rallye extrem schnell geworden ist. Man fährt fast immer am Limit. Aber die Sicherheitsmaßnahmen sind enorm. Wir haben alle Satellitentelefon an Bord und ein spezielles Überwachungssystem, mit dem von der Organisationszentrale in Paris aus alle Bewegungen eines Fahrzeuges kontrolliert werden. Wie ein Flugzeug auf dem Bildschirm eines Fluglotsen kann man sich das vorstellen.

Wie schläft man in der Wüste?

Man ist Teil eines riesigen Biwaks und schläft im Zelt und Schlafsack. In den Lkws gibt es Duschmöglichkeiten. Ich fühle mich so jedenfalls wohler als in manch afrikanischem Hotel. Nur gute Ohrenstöpsel braucht man, weil die ganze Nacht Motoren und irgendwelche Aggregate laufen.

Wie lange wollen Sie noch Rallye fahren?

Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht.

Die Fragen stellte Ralf Bach.

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