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Istaf

© AFP

Istaf: Finnisches Spielzeug

Speerwerfer Pitkämäki will in Berlin über 90 Meter werfen und so eine ganze Nation glücklich machen.

Berlin - Vor zwei Wochen hat Tero Pitkämäki seinem Land ein besonderes Geschenk gemacht. Er ist Weltmeister im Speerwerfen geworden. Das bedeutet den Finnen so viel wie den Chinesen ein Titel im Tischtennis oder den Holländern einer im Eisschnelllaufen. Was er bewegt hat, das erfuhr Pitkämäki gleich bei seiner Rückkehr aus Osaka nach Helsinki. „Es war großartig, es waren so viele Leute am Flughafen, der Sportminister, Fans, Journalisten und natürlich meine Freundin und meine Eltern.“

Goldmedaillen im Speerwerfen sind wie eine nationale Schatzsammlung für die Finnen, weil sie in dieser Disziplin eine besondere Tradition haben und vielleicht auch, weil Speerwerfen einiges über die finnische Seele aussagt: ruhig und konzentriert zu sein und dann alle Emotionen mit einem Wurf rauszulassen. Gerne hätte Pitkämäki seinem Land schon früher eine Goldmedaille beschert, vor zwei Jahren bei der WM im eigenen Land, in Helsinki. Doch die Bedeutung des Wettkampfs wurde ihm eine zu schwere Last und er landete als Weltjahresbester am Ende auf Rang vier.

In Osaka hatte der 24-Jährige diese Last nicht mehr und konnte auch seinen größten Rivalen besiegen, den Norweger Andreas Thorkildsen. Finnland gegen Norwegen, das ist gerade ein besonderes Duell im Speerwerfen, und auch in der Golden League kämpfen die beiden gegeneinander. Für die nordischen Fernsehsender ist das Speerwerfen der Männer die wichtigste Disziplin der Leichtathletik. Pitkämäki liegt in diesem Jahr nun vorne. Drei von bisher fünf Meetings der Golden League gewann er, auch am Freitag in Brüssel trotz eines leichten Infekts, Thorkildsen zwei. Den fünften Sieg will der Finne heute beim Istaf erreichen (ZDF von 16 bis 17 Uhr). Damit hätte er immerhin noch eine minimale Chance auf einen Anteil an der Hälfte des Jackpots von 500 000 Dollar, allerdings nur für den wenig wahrscheinlichen Fall, dass sowohl Stabhochspringerin Jelena Isinbajewa, als auch 400-Meter-Läuferin Sanya Richards im Olympiastadion verlieren. Beide haben bisher ihre fünf Wettbewerbe gewonnen und sind daher Anwärterinnen auf den großen Jackpot von einer Million Dollar in Goldbarren.

Für Berlin hat sich Pitkämäki aber auch so einiges vorgenommen. „Es können 90 Meter werden“, sagt er, „das Stadion ist voll, die Bahn ist zum Anlaufen sehr gut und auch das Klima passt für Speerwerfen.“ Die Rivalität mit Thorkildsen ist eine zusätzliche Motivation, auch wenn sie sich auf den Wettkampf beschränkt. „Wir reden viel miteinander, er ist mein Freund“, sagt Pitkämäki, der ein Ingenieursstudium abgeschlossen hat, aber derzeit Speerwurfprofi ist.

Die Chance auf den großen Jackpot hat Pitkämäki beim Meeting in Rom mit einer Niederlage gegen Thorkildsen verloren, und das war in dieser ansonsten so erfolgreichen Saison ohnehin der tragischste Abend. Sein Speer traf den französischen Weitspringer Salim Sdiri und fügte ihm innere Verletzungen an Leber und Niere zu. Sdiri geht es inzwischen wieder besser, er muss sich jedoch noch mehrere Monate schonen. „Ich habe ihn zwei Wochen später angerufen. Da war er schon wieder in guter Stimmung“, sagt Pitkämäki, „ich hoffe, es war ein einmaliger Unfall. Man muss einfach Vorsichtsmaßnahmen treffen, denn die Zone zwischen 75 und 85 Metern ist sehr gefährlich.“ Den Schock hat Pitkämäki inzwischen überwunden, er hat ihm nicht die Faszination am Speerwerfen nehmen können. „Ich liebe es, zu sehen wie der Speer fliegt“, sagt der Finne. Während andere ihrem Speer hinterherschreien, als könnten sie ihn dadurch weiter fliegen lassen, schaut ihm Pitkämäki nach wie ein kleiner Junge seinem Modellflugzeug.

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