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Strahlemann. Roberto Mancini lässt derzeit erfolgreich spielen.

© Anton Vaganov/Reuters

Italien steht kurz vor der EM-Qualifikation: Roberto Mancini macht aus wenig erstaunlich viel

Trainer Roberto Mancini gelingt derzeit vieles mit seiner Mannschaft, die kurz vor der EM-Qualifikation steht – trotz offensichtlicher Probleme.

Roberto Mancini ist niemand, der sich großartig beklagt. Nicht über die schwere Verletzung seines Kapitäns Giorgio Chiellini, nicht über den generellen Zustand des italienischen Fußballs und schon gar nicht über die überschaubare Auswahl für die Nationalmannschaft. Der Cheftrainer der Azzurri kennt selbst noch ganz andere Zeiten.

In Mancinis – gemessen an seinem Talent viel zu kurzen – Länderspielkarriere hießen die Mitspieler Maldini, Baresi, Scirea oder Baggio. Weltklassespieler von Topvereinen aus der damals besten Liga der Welt. Lang ist es her. Als Nationaltrainer muss sich Mancini nun mit bescheideneren Möglichkeiten begnügen.

Die Serie A ist in Europa nur noch die Nummer vier – und in den Spitzenklubs spielen die Italiener oft nur eine Nebenrolle. „Wir haben zum Glück ziemlich schnell eine gute Mannschaft aufgebaut“, sagt Mancini zum Neustart nach der verpassten WM und fügt mit Blick auf die Liga hinzu: „Es ist schade, dass es in der Serie A so wenige Italiener gibt. Aber jeder guckt auf seine eigenen Interessen und es bringt nichts, sich über Dinge aufzuregen, an denen man nichts ändern kann.“

Das ist die Einstellung, mit der Mancini in den knapp 16 Monaten seiner Amtszeit bisher durchaus erfolgreich arbeitet. In 13 Spielen hat sein deutlich verjüngtes Team oft ansehnlichen Fußball gezeigt und nur zwei Mal verloren – gegen Weltmeister Frankreich und Europameister Portugal.

In der aktuellen EM-Qualifikation hat Italien alle fünf Spiele gewonnen, zuletzt am Donnerstag 3:1 in Armenien. Mit einem Sieg am Sonntag bei Verfolger Finnland (20.45 Uhr, live auf Dazn) wäre die Teilnahme an der Europameisterschaft 2020 nahezu sicher.

Das wird angesichts der überschaubaren Qualität der Gegner und des Modus zwar noch keine Autokorsos zwischen Bozen und Palermo auslösen, ist nach dem Desaster unter Mancinis Vorgänger Gian Piero Ventura aber ein Schritt zurück zur Normalität.

Die Weltspitze – dort gehört die Fußballnation Italien ihrem eigenen Selbstverständnis zufolge hin – ist allerdings weit weg. Mit Gianluigi Donnarumma verfügt Mancini über den vielversprechendsten Torwart seiner noch jungen Generation, Federico Chiesa hat sich beim AC Florenz ins Blickfeld europäischer Topklubs gespielt und Leonardo Bonucci, Jorginho sowie Marco Verratti sind bei ebensolchen Vereinen Leistungsträger.

Die Breite fehlt

In der Breite fehlt dieses Niveau aber. So nominierte Mancini etwa den Freiburger Vincenzo Grifo für den verletzten Lorenzo Insigne nach. Außerdem steht Stephan El Shaarawy im Kader, obwohl dieser im Sommer in die sportlich unbedeutende chinesische Liga gewechselt ist.

Die Auswahl für Mancini ist klein – und wird trotz einiger Bemühungen seitens Vereinen und Verband nicht größer. An den bisherigen zwei Spieltagen der Serie A entfielen laut Transfermarkt.de nur 38,9 Prozent der Einsatzzeiten auf Italiener. Dieser Wert sinkt seit Jahren, beim letzten großen Triumph der Azzurri 2006 lag er mit 70 Prozent fast doppelt so hoch.

Besonders die Topklubs Juventus und Napoli vertrauen aktuell vor allem ausländischen Profis. So verkaufte der Serienmeister aus Turin das Sturmtalent Moise Kean an Everton, um die Transferbilanz aufzubessern, und Abwehrspieler Daniele Rugani setzte der Klub mit Matthijs de Ligt einen 75-Millionen-Euro-Neuzugang vor die Nase.

Selbst Federico Bernadeschi, unbestritten einer der besten italienischen Offensivspieler, kam bisher auf ganze sieben Minuten Einsatzzeit. Zwar gibt es Mannschaften wie Brescia oder Ferrara, die größtenteils italienische Spieler einsetzen. Denen fehlt dann allerdings die internationale Erfahrung.

Ohne die große individuelle Klasse vergangener Jahre setzt Mancini vor allem auf eine deutlich mutigere Taktik, junge Spieler und mannschaftliche Geschlossenheit. So mussten mit Nicolò Zaniolo von AS Rom und Kean zwei der größten Talente zu Hause bleiben, weil sie bei der U-21-EM im Juni zu spät zum Training gekommen waren.

„Diese Entscheidung kann für sie wichtiger sein als eine Nominierung“, sagt Mancini, stellt Kean und Zaniolo aber ebenso eine Rückkehr in die Nationalmannschaft in Aussicht wie Mario Balotelli. „Die Tür ist offen“, sagt Mancini. Die Auswahl ist schließlich begrenzt.

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