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Canna

© AFP

Italien und die EM: Das Ende vor dem Anfang

Italien am Boden: Mit Fabio Cannavaro fällt beim Weltmeister einer der großen Stars für die EM aus. Schon macht sich das ganze Land daran, einen Ersatz für den Abwehrchef zu finden.

Es sah aus wie ein harmloser Zusammenprall, aber es war ein folgenschwerer. Fußball-Italien stockte jedenfalls für einen Moment der Atem über die Verletzung von Fabio Cannavaro. In den Medien überschattete die Meldung von Cannavaros Aus für die Europameisterschaft sogar die Feierlichkeiten um das pathetisch gefeierte „Fest der Republik“ (Nationalfeiertag) und das leidige und scheinbar unlösbare Müllproblem in Neapel. Für die Online-Redaktionen der diversen Zeitungen und Sportzeitungen war die Unglücksmeldung ebenfalls derart niederschmetternd, dass sie sich zusammen mit den Lesern daranmachten, sofort die Arbeit von Italiens Nationaltrainer Roberto Donadoni zu übernehmen und nach einem halbwegs passenden Ersatz zu suchen. An Stelle von Cannavaro nominierte Donadoni inzwischen den 26-jährigen Verteidiger Alessandro Gamberini vom AC Florenz für die EM nach.

Beim ersten Trainingsgeplänkel im Admira-Wacker-Stadion in Maria Enzersdorf war Cannavaros, der neapolitanische Kapitän der italienischen Nationalmannschaft, derart unglücklich mit dem Abwehrkollegen Giorgio Chiellini von Juventus Turin zusammengeprallt, dass er sich einen doppelten Bänderriss im linken Sprunggelenk zuzog. Für Roberto Donadoni ist der Ausfall des Abwehrstrategen mit der unglaublichen Sprungkraft ein herber Verlust. Cannavaro ist als Kapitän nicht nur Kopf der Mannschaft, sondern als Abwehrchef auch ein Erfolgsgarant des Weltmeisters. Bei der WM in Deutschland organisierte Cannavaro mit seinem überragenden Stellungsspiel derart bravourös Italiens Abwehr, dass sie unüberwindbar schien. Gerade aufgrund dieser weltmeisterlichen Leistung wurde er zum besten Fußballer Europas und der Welt gewählt.

Fabio Cannavaro nennt man den „Scugnizz“, den Gassenjungen aus Neapels Vororten. Der Profi in Diensten des Spanischen Meisters Real Madrid ist tatsächlich in Neapels Arbeitervorort Fuori Grotta, unweit des Stadio San Paolo, geboren und aufgewachsen. Hier lernte er, sich in jeder Situation des Lebens durchzubeißen. Trotz des Ruhms und Reichtums, den er sich mit dem Fußball erspielt hat, wohnt die Familie noch immer in der alten Wohnung, auch der jüngere Bruder Paolo Cannavaro, der eine Stütze in der Abwehr des SSC Neapel ist.

Von Niedergeschlagenheit konnte bei Fabio Cannavaro nach der Verletzung aber keine Rede sein. „Ich bin Optimist, auch in Momenten wie diesen“, sagte der 34-Jährige und fügte schmunzelnd hinzu: „Ihr müsst mich noch mindestens zwei Jahre ertragen.“ Zuvor hatte es Gerüchte gegeben, der Kapitän wolle nach einem möglichen EM-Titelgewinn seinen Rücktritt aus der Nationalelf erklären. Jetzt will Cannavaro offenbar noch die nächste WM in Südafrika mitmachen.

Ganz auf Cannavaro muss Italien aber auch bei der EM nicht verzichten. Er beschloss, sich in Wien im Krankenhaus operieren zu lassen. Danach wird er bei der italienischen Nationalmannschaft bleiben. Cannavaro besitzt nämlich Qualitäten als Motivator, er ist stets für einen aufmunternden Scherz zu haben.

Vincenzo Delle Donne

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