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Bequeme Bretter. Der Norweger Anders Jacobsen symbolisiert den Erfolg eines Quereinsteigers in den Nordischen Skisport. Foto: dpa

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Sport: Jacobsens Geheimnis

Die Skisprung-Konkurrenz rätselt nach den jüngsten Erfolgen über den neuen Ski des Norwegers.

Energisch versuchte Dieter Thoma den Eindruck zu verwischen, er wolle gerade Werbung für einen neuen deutschen Skihersteller betreiben. Zwar stand der ehemalige Skispringer und Fernsehexperte in Garmisch-Partenkirchen medienwirksam vor dem Pressezentrum mit einem Paar Alpinski jenes Herstellers, für den er auch als Berater tätig ist. „Das ist aber Zufall“, sagte Dieter Thoma, „ich wollte Anders Jacobsen zeigen, dass er auch Alpinski bekommt und wollte die Ski nicht unten stehen lassen.“ Diese seien nämlich nur eines von fünf Alpinpaaren, die der Sprungski-Hersteller bisher angefertigt habe. Und Werbung für die neue Marke hatte der Norweger Jacobsen bei der Vierschanzentournee (das abschließende Springen von Bischofshofen war erst nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe beendet) ohnehin eindrucksvoll betrieben.

Anders Jacobsens Siege bei der Vierschanzentournee waren die ersten Weltcupsiege auf den Sprungski des neuen Herstellers „Fluege.de“. „Dass das gleich so klappt, ist ein Traum“, sagt Dieter Thoma. Er war vor zwei Jahren von dem Internet-Reiseanbieter angesprochen worden, der Möglichkeiten zur Werbung im Skispringen gesucht hat. Was ist mit dem ganzen Ski, hatte die Firma gefragt. „Oh, da gibt es ein paar Regeln“, antwortete Dieter Thoma, „da müsst ihr schon eine ganze Skifirma aufkaufen.“ Genau das ist passiert.

Der Internet-Reiseanbieter hat die in finanziellen Schwierigkeiten befindliche Sprungskiproduktion der ehemaligen DDR-Skifirma Germina übernommen. „Das war die Rettung von Germina“, sagt Thoma. Skispringen ist kein Breitensport, in Deutschland stürzen sich lediglich 1000 Skispringer die Schanzen hinunter – die Spezialskiproduktion für diesen Markt lohnt sich einfach nicht. Die Traditionsfirmen Rossignol und Atomic haben sich bereits aus dem Skispringen zurückgezogen. Nur noch die österreichische Marke Fischer und die slowenische Marke Elan rüsten im Weltcup die Skispringer aus. Und seit 2010 nun auch „Fluege.de“.

Kurioserweise befindet sich gegenwärtig die hinter dem Reiseanbieter stehende Leipziger Firma Unister in heftigen Turbulenzen. Die sächsische Staatsanwaltschaft ermittelt gegen sie wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung und illegaler Geschäftemacherei. Drei Führungskräfte wurden zwischenzeitlich nach Hausdurchsuchungen in Untersuchungshaft genommen, sind inzwischen aber wieder frei. Der Unternehmensgründer kündigte in der vergangenen Woche seinen Rückzug als Geschäftsführer an. „Die aktuellen Entwicklungen haben keinerlei Einfluss auf das Engagement von ,Fluege.de’ im Skisprung“, verkündete ein Unternehmenssprecher von Unister.

Im Gegensatz zur Mutterfirma befindet sich der Sprungskihersteller gegenwärtig im Hoch. In der Nordischen Kombination stehen die beiden Weltcupführenden Jason Lamy-Chappuis und Magnus Moan bei dem deutschen Unternehmen unter Vertrag, im Weltcup der Frauen springen rund 30 Prozent mit dieser Marke, bei den Männern 15 bis 20 Prozent. Und nach den Erfolgen des Norwegers Anders Jacobsen dürften es noch mehr werden.

Zumindest zwischenzeitlich rätselte nicht nur die österreichische Skisprung-Mannschaft, was den Norweger so stark machen könnte. Die mit einer verlängerten Zunge versehenen Schuhe, aber auch die neuen Ski des Norwegers gaben ihnen Rätsel auf. „Der Ski, den er springt, ist relativ steif, den können andere gar nicht springen“, sagt Dieter Thoma. Wo genau die Versteifungen eingebaut sind, will er nicht sagen. „Man muss ja nicht alles verraten“, sagt er. Er ist als Berater auch Teil der vom deutschen Bundestrainer Werner Schuster so kritisierten Materialschlacht im Skispringen. Dieter Thoma sieht das alles aber gelassener. „Es gibt immer etwas Neues“, sagt er, „das ist ja das Schöne im Skispringen.“

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