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Sport: Jede für sich

Trotz eines Sieges zum EM-Auftakt enttäuschen Deutschlands Fußballerinnen beim Zusammenspiel

Als Silke Rottenberg im Halliwell-Jones-Stadium von Warrington zum Auslaufen schritt, legte sich ganz unverhofft ein Hauch von Urlaubsstimmung über die deutsche Frauen-Nationalmannschaft. Die Feldspielerinnen hatten artig ihre Fußballschuhe anbehalten, die Torfrau lief barfuß über den Rasen. Sie grinste und scherzte, als wolle sie ihren Mitspielerinnen sagen: Entspannt euch, Kinder, immerhin haben wir gewonnen.

Während die Welt- und Europameisterinnen auf dem Feld 90 Minuten mit den Gegnerinnen und der eigenen Aufregung zu kämpfen hatten, stand die Torhüterin des FCR Duisburg beim 1:0 gegen Norwegen zum Start der Europameisterschaft recht unbelästigt von norwegischen Schüssen in ihrem Tor. „Als letzte Instanz“, wie es die 33-Jährige formulierte.

Die Torhüterin war allerdings die einzige Spielerin, die gute Laune hatte. „Jede von uns hat nur für sich selbst gekämpft“, sagte etwa die Frankfurterin Renate Lingor. Vor der Pause war das Einzelkämpfertum besonders stark ausgeprägt, erst nach dem Wechsel sah es ein wenig besser aus. Oder wie es Lingor ausdrückte: „Am Anfang sind wir rumgelaufen wie aufgescheuchte Hühner.“

So war das Wichtigste, dass Deutschlands Fußballerinnen ihr erstes Turnierspiel erfolgreich zu Ende gebracht hatten. Morgen steht das zweite Spiel gegen die defensivstarken Italienerinnen an, und die Deutschen geloben Besserung. „Das erste Spiel bei so einem Turnier ist immer schwierig“, entschuldigte Bundestrainerin Tina Theune-Meyer ihr Team. „Unser Spiel wird jetzt besser.“

Mit überzogenen Erwartungen waren die überwiegend jungen, weiblichen und kreischenden Zuschauer in Warrington aber ohnehin nicht angereist. Ebenso wenig wie die einheimischen Ordner mit den blauen Uefa-Leibchen um die Schultern, die behaupteten, ein gutes und schnelles Fußballspiel gesehen zu haben. Aber die hörten auch nicht, wie Außenverteidigerin Kerstin Stegemann auf dem Weg zum Mannschaftsbus feststellte: „Norwegen hat auch schon besser gespielt. Das war von beiden Seiten keine Werbung für den Frauenfußball.“

„Viel zu hungrig“ seien sie gewesen, tadelte Mannschaftsführerin Renate Lingor sich und die Kolleginnen. „Anstatt uns auf die eigenen Stärken zu konzentrieren, nämlich Bälle zu erkämpfen und schnell nach vorne zu spielen, haben wir immer nur lange Bälle nach vorne geschlagen“, kritisierte die Regisseurin, die mit Kerstin Garefrekes und Navina Omilade „viel Laufarbeit im Mittelfeld zu leisten hatte“, wie Theune-Meyer sagte. Meistens unnötig, denn viel zu oft schlugen die Deutschen die Bälle sinnlos über das Mittelfeld hinweg.

Genug Luft, um nach einer Stunde zum Siegtor durch die Potsdamerin Conny Pohlers zu kommen, hatten die Titelverteidigerinnen allerdings noch. „Das Ergebnis ist sehr erfreulich“, fasste Tina Theune-Meyer den lauen Frühsommerabend in Warrington zusammen und freute sich darüber, dass die am Oberschenkel verletzte Birgit Prinz gegen Italien „wieder fit sein wird“. Conny Pohlers, deren Zusammenspiel mit Inka Grings nicht gerade harmonisch verlief, freut sich darauf. „Ich denke, sie hat uns schon gefehlt“, sagte die kleine, blonde Angreiferin vorsichtig. Und: „Ich kann schon gut mit ihr zusammenspielen. Vor allem, was die kurzen Bälle angeht.“

Das verbale Zusammenspiel mit der zweifachen Weltfußballerin Prinz bleibt allerdings weiterhin beschwerlich. Sie wollte sich zum Spiel überhaupt nicht äußern. Als Begründung für ihre Sprachlosigkeit maulte die 27-Jährige auf dem Weg zum Bus: „Hab nicht gespielt.“ Damit unterschied sie sich kaum von ihren Kolleginnen vorher auf dem Rasen.

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