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Jens Lehmann soll nun Hertha sportlich beraten.

© imago/Sportfoto Rudel

Jens Lehmann kommt in Hertha-Aufsichtsrat: Hauptsache großer Name

Der Hertha-Investor Lars Windhorst holt als Klinsmann-Nachfolger Jens Lehmann in den Aufsichtsrat - und einen Vertrauten von Jürgen Klopp.

Selbstredend zählen für einen Investor, der hunderte Millionen Euro hin und her bewegt, Namen eine Menge. Je prominenter, desto besser. Große Namen stehen für jemanden wie Lars Windhorst für Kompetenz. Denn woher, wenn nicht durch große Leistungen, hat man es zu einem bekannten Namen gebracht? So landete Jürgen Klinsmann bei Hertha BSC, um dem Westberliner Klub das Biedere ein wenig auszutreiben und ihn zu einem vielzitierten „Big City Club“ zu machen. Das mit Klinsmann ging furchtbar schief. Aber große Namen haben ihren Reiz für den sport- und viel mehr noch renditeinteressierten Geldgeber Windhorst nicht verloren.

So wird nun der ehemalige Nationalspieler Jens Lehmann den durch den Abgang von Klinsmann frei gewordenen Posten im Aufsichtsrat übernehmen. Das bestätigte ein Sprecher von Windhorst am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur. Zuvor hatte die „Bild“-Zeitung über die Personalie berichtet. Zudem soll der ehemalige Nike-Manager und aktuelle Berater von Liverpool-Trainer Jürgen Klopp, Marc Kosicke, einen weiteren Platz in dem Gremium einnehmen.

Windhorst, der über seine Beteiligungsgesellschaft Tennor 2019 für 224 Millionen Euro insgesamt 49,9 Prozent an der Hertha BSC GmbH & Co. KGaA erworben hat, verspricht sich einen Fußball-Kompetenzgewinn durch die beiden.

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Die Berufung von Lehmann kam für den Klub um Präsident Werner Gegenbauer und Geschäftsführer Michael Preetz nach Tagesspiegel-Informationen nicht überraschend. Das war im November vergangenen Jahres noch anders, als Windhorst mit der Einberufung von Klinsmann in den Aufsichtsrat der Kommanditgesellschaft die bisherigen Entscheider des Klubs düpierte.

Zwar hatte sich Preetz schon vorher dafür eingesetzt, Klinsmann als Trainer zu gewinnen. Doch von der Rolle im Aufsichtsrat war nicht die Rede. Streng genommen muss der Investor seine vier ihm zustehenden Plätze in dem Gremium auch nicht mit dem Klub absprechen. Schon damals ging es Windhorst darum, die sportliche Kompetenz im Aufsichtsrat zu verstärken, der nur für die Profiabteilung des Vereins zuständig ist.

Wie aus Vereinskreisen zu hören ist, war Hertha diesmal von Beginn an in die Auswahl zur Besetzung des vakanten Postens eingebunden. Während bei Lehmann natürlich vor allem der Name große Aufmerksamkeit erzeugt, freut man sich vor allem darüber, Marc Kosicke gewonnen zu haben – wegen seines guten Rufs und der Kompetenz.

Lehmann hat keinen guten Leumund

Von einem guten Leumund kann dagegen im Falle von Jens Lehmann nicht die Rede sein. Dabei war er während seiner sportlichen Karriere hoch anerkannt. Lehmann spielte als Profi unter anderem für Schalke 04, Borussia Dortmund, den FC Arsenal und den VfB Stuttgart. Den höchsten Grad an Prominenz erreichte er hierzulande im Jahr 2006, als er das Tor der deutschen Fußballnationalmannschaft bei der heimischen Weltmeisterschaft hütete.

Zuvor war ein medial stark angefachter Konkurrenzkampf um die Nummer eins im Tor der deutschen Nationalmannschaft zwischen ihm und Bayern-Keeper Oliver Kahn entbrannt. Der damalige Bundestrainer Jürgen Klinsmann entschied sich zur Überraschung vieler gegen Kahn.

Die Karriere nach der sportlichen Laufbahn verlief für Lehmann bislang weit weniger erfolgreich. Neben seiner Tätigkeit als TV-Experte für RTL versuchte sich der heute 50-Jährige in der vergangenen Saison als Co-Trainer beim Bundesligisten FC Augsburg. Nach nur zweieinhalb Monaten wurde er zusammen mit Cheftrainer Manuel Baum entlassen.

Lehmann gilt als intelligenter und mitunter leicht abgehobener Charakter. Beim VfB Stuttgart erzählt man sich heute noch, wie sich Lehmann via Hubschrauber zum Training hatte bringen lassen. Zudem hat Lehmann keine Probleme damit, seine Meinung zu äußern, auch wenn diese nicht dem gesellschaftlichen Konsens entspricht.

So war er zuletzt immer wieder durch Äußerungen in die Schlagzeilen geraten, in denen er sich gegen zu strikte Maßnahmen gegen die Coronavirus-Pandemie aussprach. In den sozialen Netzwerken und nicht nur dort sorgte der frühere WM-Held für viel Unverständnis.

Windhorst, so viel scheint sicher, hat sich keinen Sympathikus für den Hertha-Aufsichtsrat geholt. Aber einem sehr erfolgreichen Geschäftsmann wie ihm ist es vermutlich ziemlich egal, wie es um die Beliebtheitswerte seines Personals steht. Was wichtig ist, ist Erfolg. Und Jens Lehmann ist in den Augen von Lars Windhorst ein Versprechen dafür.

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