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Beim 1. FC Union hat sich Christian Gentner sofort zum Führungsspieler entwickelt.

© REUTERS/Annegret Hilse

Jubiläum für Unions Mittelfeldspieler: Christian Gentner knackt die 400

Der 34-Jährige bestreitet am Sonntag sein 400. Bundesliga-Spiel – und der zweimalige Deutsche Meister in Diensten des 1. FC Union hat noch lange nicht genug.

Zahlen haben für Christian Gentner keine sonderlich große Bedeutung. An sein 100., 200. oder 300. Bundesliga-Spiel hat der 34 Jahre alte Mittelfeldspieler in Diensten des 1. FC Union keinerlei Erinnerungen und so wäre ihm vielleicht gar nicht aufgefallen, dass er nun vor dem nächsten Jubiläum steht.

„Das wird ein bisschen von außen reingetragen und da komme ich auch nicht ganz drumherum“, sagt Gentner vor seinem 400. Einsatz in der Bundesliga am Sonntag (13.30 Uhr, live bei Dazn) gegen den VfL Wolfsburg, seinen früheren Arbeitgeber.

„400 ist schon eine stolze Zahl“

Der Routinier ist dieser Tage ein gefragter Mann. Ob in einem Podcast, im Gespräch mit Wolfsburger, Stuttgarter oder Berliner Medien, immer wieder wird Gentner auf die 400 angesprochen – und immer wieder relativiert er deren Bedeutung.

„Nach der Karriere ist das etwas, worauf man zurückblicken kann – und 400 ist schon eine stolze Zahl. Aber für Sonntag ist das bei mir nicht so sehr im Kopf, das ist ein Spiel wie jedes andere“, sagt Gentner. Er werde das Jubiläum sicher nicht feiern und auch kein Fazit seiner Karriere ziehen.

Meister mit Stuttgart und Wolfsburg

Ein bisschen ins Erzählen kommt er dann aber doch und genug erlebt hat er in ziemlich genau 15 Jahren Profifußball allemal. Am 20. Februar 2005 debütiert er im Alter von 19 Jahren unter Matthias Sammer in der Bundesliga für den VfB Stuttgart.

Eigentlich ist er für das Spiel gar nicht vorgesehen, doch dann meldet sich Matthieu Delpierre kurzfristig krank. „Ich habe damals noch zu Hause gewohnt und der Co-Trainer hat bei meinen Eltern angerufen und gesagt, ich soll zum Mittagessen im Hotel sein“, berichtet Gentner.

Kurz vor Schluss wird er dann für Cacau eingewechselt, an das Spiel erinnert er sich allerdings kaum. „Auf dem Heimweg habe ich aber gemerkt, dass gerade etwas unerwartet Großes passiert ist“, sagt Gentner.

Es sollten bis heute 398 Bundesliga-Spiele, 51 Einsätze im Europapokal und fünf Länderspiele folgen – mit zwei ganz klaren Höhepunkten. Seit Gentner Profi ist, haben es nur zwei Mannschaften geschafft, die nationale Dominanz von Bayern München und Borussia Dortmund zu durchbrechen.

Voller Einsatz. Gentner im Duell mit Michael Ballack im Jahr 2005.
Voller Einsatz. Gentner im Duell mit Michael Ballack im Jahr 2005.

© Bernd Weißbrod/dpa

2007 wurde der VfB Stuttgart Meister, 2009 der VfL Wolfsburg – beide mit Christian Gentner. „Ludovic Magnin hat immer betont, dass wir zwei absolute Ausnahmen sind“, sagt Gentner über seinen ehemaligen Stuttgarter Mitspieler, dem das Kunststück mit Bremen und Stuttgart gelang.

Eine weitere Meisterschaft wird für Gentner aller Voraussicht nach nicht mehr hinzukommen, ein paar Spiele dürfen es aber durchaus noch sein. Als 67. Profi wird er am Sonntag die 400-Spiele-Marke knacken, einzig Claudio Pizarro liegt von den Aktiven noch vor ihm.

„Ich habe nicht vor, im Sommer aufzuhören, und solange ich das hohe Niveau Bundesliga noch spielen kann, will ich das auch machen“, sagt Gentner. Erster Ansprechpartner sei Union, ein Termin für die Gespräche über eine Verlängerung des am Saisonende auslaufenden Vertrags gebe es aber noch nicht.

Sensationsmeister. Zusammen mit Edin Dzeko (rechts) holte Gentner 2009 den Titel nach Wolfsburg.
Sensationsmeister. Zusammen mit Edin Dzeko (rechts) holte Gentner 2009 den Titel nach Wolfsburg.

© Maurizio Gambarini/dpa

Gentner lässt die Dinge mit all seiner Routine auf sich zukommen. Bei Union ist er nach seinem Wechsel aus Stuttgart im vergangenen Sommer sofort zum Führungsspieler geworden, strahlt auch in schwierigen Situationen Ruhe aus, warnt in den richtigen Momenten auch mal öffentlich und wird von den Mitspielern respektiert.

„Hätte mir jemand vor 15 Jahren gesagt, dass ich mal für Christian Gentner eingewechselt werde, hätte ich das nie für möglich gehalten“, sagt etwa Grischa Prömel, der als gebürtiger Stuttgarter schon als Kind beim VfB-Training zusah. „Man schaut auf jeden Fall zu ihm auf. Wenn man sieht, wie er trainiert, wie professionell er ist, da kann man sich einiges abschauen.“

Gentner kommt aus einer Fußballerfamilie

Vor allem dieser Einstellung hat es Gentner zu verdanken, dass er schon so lange auf höchstem Niveau Fußball spielt. Er ist sicher nicht der talentierteste Spieler, arbeitet aber auch im Alter von 34 Jahren noch kontinuierlich an sich. Die hohe Anzahl an Spielen zeige vor allem, „dass ich eine Konstanz in meinen Leistungen und eine größtenteils verletzungsfreie Karriere hatte“, sagt Gentner.

Doch nicht nur er selbst hat viel Zeit investiert auf dem Weg zu 400 Bundesliga-Spielen, das gilt auch für seine Eltern. „Wir sind drei Jungs und waren alle fußballverrückt, meine Eltern mussten sich immer dreiteilen, damit sie alle bedienen konnten“, erzählt Gentner. „Das gerät bei mir nie in Vergessenheit.“

Sein älterer Bruder Michael ist mittlerweile Trainer des zweiten Mannschaft des VfB, sein jüngerer Bruder Thomas war ebenfalls Profi. Im Dezember 2018 erlebte die Familie allerdings einen schweren Schicksalsschlag, als Gentners Vater nach einem Spiel des VfB im Stadion verstarb.

Schwaben-Connection. Gentner machte fünf Länderspiele für Deutschland, hier 2010 zusammen mit Mario Gomez.
Schwaben-Connection. Gentner machte fünf Länderspiele für Deutschland, hier 2010 zusammen mit Mario Gomez.

© Marcus Brandt/dpa

„Auch das ist Teil meiner Karriere und wir haben das als Familie gut gelöst. Ich habe ein paar Tage später wieder Fußball gespielt. Das hat mir gutgetan und wäre auch im Sinne meines Vaters gewesen“, sagt Christian Gentner. „Der Fußball war immer im Mittelpunkt der Familie.“

Dem Sport möchte er auch nach dem Karriereende treu bleiben, nur in welcher Funktion ist noch nicht klar. Dann ist auch eine Rückkehr zum VfB gut möglich. Wann es so weit ist? Damit beschäftigt sich Gentner noch nicht näher. Auch eine Auslandserfahrung in Australien oder den USA reizt ihn durchaus.

Die Gegenwart liegt aber erst mal bei Union und in der Bundesliga. „Ich will mir gar kein Limit setzen“, sagt Christian Gentner. „Aber es ist jetzt auch nicht so, dass ich sage: Die 400 sind geschafft, jetzt gehen wir auf die 500 zu.“

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