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Noch eine Chance verdient. Der Stuttgarter Cacau ist in der Nationalmannschaft weiterhin ein gern gesehener Gast.

© dapd

Jung, lebendig, konservativ: Joachim Löw setzt auf bewährtes Personal

Die Risikobereitschaft des Bundestrainers scheint eher unterdurchschnittlich ausgeprägt zu sein. Zumindest muss man zu diesem Schluss kommen, wenn man sich das Aufgebot für das Länderspiel gegen Frankreich ansieht.

Der Chef hat die Begeisterung für seine Mitarbeiter nur schwer verbergen können. Eine "junge lebendige Generation" sei das, sagte Joachim Löw über die deutsche Fußball-Nationalmannschaft, ehrgeizig, lernwillig und stets bereit, ein Risiko einzugehen. Ehrgeizig, lernwillig, das alles kann man auch vom Bundestrainer Löw behaupten. Seine Risikobereitschaft aber scheint eher unterdurchschnittlich ausgeprägt zu sein. Zumindest muss man zu diesem Schluss kommen, wenn man sich das Aufgebot ansieht, das Löw für das Länderspiel gegen Frankreich nominiert und in Berlin bekannt gegeben hat. Es handelt sich um einen durch und durch konservativen Kader.

Zuletzt waren wieder einige Namen, neue und altbekannte, durch den öffentlichen Raum geschwirrt, die vielleicht noch für die Europameisterschaft in diesem Sommer in Polen und der Ukraine in Frage kommen könnten. Löw aber hat sich für Bewährtes entschieden. In seinem 22-Mann-Kader für das Länderspiel am kommenden Mittwoch in Bremen findet sich kein einziger Neuer – und das, obwohl die Begegnung die einzige ist, die vor der Nominierung des EM-Aufgebots im Mai noch gespielt wird, und damit nach allgemeiner Einschätzung auch die letzte Möglichkeit ist, um aussichtsreiche Kandidaten noch unter Wettbewerbsbedingungen zu testen. Löw aber lässt diese Gelegenheit ungenutzt verstreichen. "Im Moment haben wir keine Veranlassung, irgendwelche Veränderungen vorzunehmen", sagt er.

Patrick Herrmann, der Shootingstar von Borussia Mönchengladbach, wäre laut Löw selbst dann nicht nominiert worden, wenn er sich am Wochenende nicht das Schlüsselbein gebrochen hätte. Stattdessen steht der Stuttgarter Cacau, der beim VfB sogar seinen Stammplatz verloren hat, gegen Frankreich erneut im Kader – und nicht etwa Mike Hanke oder Jan Schlaudraff, die sich gerade in ihren Klubs in prächtiger Verfassung präsentieren. "Er hat bei uns im Training immer gezeigt, dass mit ihm zu rechnen ist", sagte Löw über Cacau. "Insofern hat er noch eine Chance verdient." Das ist typisch für den Bundestrainer: Er lässt sich nicht von aktuellen Formschwankungen im Verein leiten; für ihn ist es viel wichtiger, wie sich ein Spieler in der Vergangenheit bei der Nationalmannschaft präsentiert hat.

"Es ist nicht sinnvoll, im Februar irgendwelche endgültigen oder detaillierten Prognosen abzugeben", sagt Löw. Dazu gibt es noch zu viele Unsicherheiten. Selbst die Frage, ob Löw am 11. Mai mit einem größeren Kader in die Vorbereitung startet und ihn erst später auf 23 Spieler reduziert, hat der Bundestrainer noch nicht abschließend geklärt. Das hängt auch davon ab, ob die Bayern oder die Dortmunder nach dem letzten Bundesligaspieltag noch im Champions-League- oder DFB-Pokalfinale vertreten sind. Auch Verletzungen könnten die Planungen des Bundestrainers noch beeinträchtigen, "aber wir sind flexibel und gut vorbereitet auf diese Was-ist-wenn-Situationen".

Bei allen Unwägbarkeiten lässt Löws Personalauswahl für das Spiel gegen Frankreich bereits deutliche Rückschlüsse auf seine Kaderplanung für die Europameisterschaft zu. Zwanzig Feldspieler hat der Bundestrainer nominiert, dazu die beiden Torhüter Manuel Neuer und Tim Wiese. Nimmt man die verletzt fehlenden Bastian Schweinsteiger, Lukas Podolski, Per Mertesacker und Mario Götze hinzu, hat man vermutlich den Kreis beisammen, aus dem der Bundestrainer im Mai auch die 23 Spieler für das Projekt EM-Titel auswählen wird. "Die Tür ist noch nicht ganz geschlossen", sagt Joachim Löw. Aber sie steht eben auch nicht mehr sperrangelweit offen. Man darf die Aussage ruhig als Hinweis des Bundestrainers an sein aktuelles Personal verstehen: Macht euch keine Sorgen. Ich vertraue euch.

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