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Sport: Jung wie nie

Vor dem Schalke-Spiel haben Herthas Verantwortliche das Profil für den neuen Trainer und das Team im Kopf

Berlin. Dieter Hoeneß, Herthas Manager, saß im Flugzeug mit Franz Beckenbauer und anderen Funktionären des Deutschen Fußballs, als einer der Männer sagte: „Was haltet ihr davon, die Relegationsspiele wieder einzuführen?“ Sie hielten nicht viel von dieser Idee, die Werner Hackmann, Präsident der Deutschen Fußball- Liga (DFL), auf dem Rückflug des Länderspiels in Rumänien verkündet hatte. „Bitte nicht“, sagte Herthas Manager Dieter Hoeneß, „das gäbe nur noch weniger Planungssicherheit.“

Die Planung beim Berliner Fußball-Bundesligisten für die kommende Saison steht ohnehin auf einem wackeligen Fundament, als dass sich Herthas Geschäftsführung mit zwei Relegationsspielen zwischen dem Drittletzten der Ersten und dem Dritten der Zweiten Liga anfreunden könnte. „Wir sollten die Liga lieber auf 20 Vereine aufstocken“, sagte Hoeneß. Angeblich werde dieser Vorschlag bald ein Thema bei der DFL-Tagung sein.

Man muss die Wünsche der Berliner in ihrer Situation verstehen. Es sind noch vier Spiele für Hertha BSC, um eine katastrophale Saison wenigstens mit dem Klassenerhalt zu beenden. Heute spielen die Berliner beim FC Schalke, anschließend heißen die Gegner Borussia Dortmund, 1860 München und 1. FC Köln. „Wir brauchen noch zwei Siege“, sagt Hoeneß, „das müsste reichen.“

Herthas Führungsetage möchte so schnell wie möglich Planungssicherheit haben, um die kommende Saison bis ins letzte Detail anzugehen. Es geht vor allem um die Personalpolitik des Klubs, und ganz oben auf dieser Liste steht seit Wochen die Frage nach dem neuen Trainer. Der Kreis sei sehr übersichtlich geworden, ist bei Hertha zu hören. Die Entscheidung werde demnächst fallen. Man habe keine Eile, aber es ist sehr wahrscheinlich, dass in der Trainerfrage noch vor dem Saisonende Klarheit herrscht.

In der vergangenen Woche hatte sich Herthas Manager Dieter Hoeneß in Berlin mit Ralf Rangnick getroffen, mit ihm verhandelt, und Hoeneß soll auch eine Zusage für eine Zusammenarbeit für die Zweite Liga erhalten haben. Doch Rangnick ist nicht der einzige Trainer, mit dem die Berliner verhandeln. Telefonisch hat es zwischen Falko Götz und Hertha zuletzt wieder Kontakt gegeben. Außerdem gebe es nach wie vor einen dritten Mann, dessen Name bislang nicht publik wurde. Der Aufsichtsrat des Vereins wartet derzeit auf den konkreten Vorschlag von Hoeneß. Mit einer großen Überraschung rechne man nicht mehr.

Sollten sich Rangnick und Hertha nicht schon einig sein, dann wird auch der dritte Mann in das Anforderungsprofil passen: Der neue Trainer soll Talente aus der Jugendakademie ans Bundesligateam heranführen und sie integrieren. Herthas Nachwuchsspieler sind taktisch und technisch gut ausgebildet, sie spielen in den Jugendmannschaften seit Jahren das gleiche System wie die Profis. Das ist derzeit gut bei Malik Fathi zu sehen, der den Übergang zu den Profis ohne Probleme geschafft hat. Und noch eines ist nicht zu vergessen: Eigene Talente sind kostengünstig. Und so träumen sie bei Hertha schon ein bisschen von einem rasanten Comeback wie beim VfB Stuttgart, der viele Talente in den Kader integriert hat und sich in die Champions League spielte. Auch deshalb spricht Manager Hoeneß von einem „Umbruchjahr“.

Der Gedanke klingt gut und heißt doch wenig. Denn die Experten sind sich darin einig, dass es eine Legende ist, dass der VfB Stuttgart mit einer Ansammlung von Juniorenspielern den deutschen Fußball revolutioniert hat. Ohne routinierte Spieler wie Zvonimir Soldo, Marcelo Bordon oder Horst Heldt wäre das Team nicht so gefestigt. Herthas neuer Trainer wird in der kommenden Saison auch deshalb weiterhin mit Spielern wie Fredi Bobic, Bart Goor und Niko Kovac planen, wenn auch nicht ganz freiwillig. Sie wurden in der laufenden Saison ihrer Funktion als Führungspieler zwar nicht gerecht, weil sie vor allem sportlich enttäuschten, doch erstens haben haben die Spieler einen Arbeitsvertrag, zweitens wird wohl kaum ein anderer Verein eine Ablösesumme bezahlen wollen. Das Modell Stuttgart jedenfalls zeigt, dass eine junge Mannschaft nicht nur ältere Profis im Team braucht– die Harmonie zwischen Jung und Alt muss auch stimmen.

Der Umbruch, im Sinne von Herthas Manager, muss sich deshalb am Machbaren orientieren. Im Sommer laufen unter anderem die Verträge von Torhüter Kiraly und Pinto aus; beide, so ist intern zu hören, werden keine Zukunft bei Hertha haben. Auch Karwan soll im Sommer den Klub verlassen und wird nach Polen zurückkehren. Mit Dardai und Neuendorf werde Hertha dagegen bald eine Vertragsverlängerung erzielen.

All diese Nachrichten der vergangenen Tage deuten daraufhin, dass Hertha vor dem heutigen Spiel auf Schalke so langsam von einem Verbleib in der Ersten Liga ausgeht. Das liegt daran, dass sich die Berliner durch den Sieg gegen Kaiserslautern eine gute Basis für die kommenden Spiele geschaffen haben.

André Görke

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