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Applaus von vielen Seiten. Bundestrainer Martin Heuberger hat die Nationalmannschaft seit seinem Amtsantritt stetig verjüngt. Heute geht es um die WM-Qualifikation. Foto: dapd

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Sport: Junge, alte Bekannte

Handball-Bundestrainer Heuberger setzt vermehrt auf den Nachwuchs – ganz wie versprochen.

Berlin - Zwei Tage vor dem Abflug ging es zunächst steil in die Tiefe. Zum Abschluss des Trainingslagers im bayerischen Grassau hatte Handball-Bundestrainer Martin Heuberger „teambildende Maßnahmen“ anberaumt, auf dem Programm stand: Canyoning. Also das Begehen einer Schlucht von oben nach unten, in unterschiedlichster Form: kletternd, springend, rutschend, schwimmend, tauchend. Heubergers Spieler sollten vor dem wichtigsten Länderspiel des Jahres auf andere Gedanken kommen. Glaubt man Johannes Sellin, ist der Plan des Bundestrainers aufgegangen. „Der Ausflug hat unglaublichen Spaß gemacht und die Konzentration gefördert“, sagt der Rechtsaußen von den Füchsen Berlin.

Spaß und Konzentration – mit dieser Mischung wollen die deutschen Handballer die Teilnahme an der Weltmeisterschaft 2013 in Spanien perfekt machen. Dabei reist die DHB-Auswahl nach dem klaren Sieg gegen Bosnien-Herzegowina vor einer Woche (36:24) mit einem Polster von zwölf Treffern zum heutigen Qualifikations-Rückspiel nach Sarajevo (13.30, ARD). 15 000 frenetische Fans werden dem deutschen Team in der bosnischen Hauptstadt keinen sonderlich freundlichen Empfang bereiten. „Wir dürfen uns nicht auf Provokationen einlassen“, sagt Heuberger. „Die Mannschaft muss sich auf ihr handballerisches Können besinnen. Unser Anspruch ist es, auch in Sarajevo zu gewinnen.“ Nach der verpassten Olympia-Qualifikation ist die WM-Teilnahme für den größten Handball-Verband der Welt einfach Pflicht.

Zumal Heuberger einen Umbruch in der Mannschaft eingeleitet hat. Langsam, aber stetig wurde das Nationalteam unter seiner Verantwortung verjüngt. Mit Patrick Wiencek, Kai Häfner und Johannes Sellin stehen drei talentierte Spieler im Kader, die Heuberger bestens aus seiner Zeit als U-20-Nationaltrainer kennt. Selbiges gilt für die verletzten Patrick Groetzki und Christian Dissinger – allesamt Junioren-Weltmeister unter Heuberger. Der Bundestrainer folgt in seinem Handeln dem Mantra, das er als Nachfolger von Heiner Brand ausgegeben hat. „Aus der U 20 können drei, vier Spieler den Sprung in die A-Nationalmannschaft schaffen“, sagte Heuberger in einem Interview mit dem Tagesspiegel im November. „Ich möchte wieder ein Team aufbauen, das bei großen Turnieren um Medaillen mitspielen kann.“ Dazu, merkte der Bundestrainer an, müsse man einer Mannschaft aber auch ein, zwei Turniere Zeit geben. Die WM 2013 in Spanien wäre Heubergers zweites großes Turnier nach der EM in diesem Jahr.

Bei den Nachwuchskräften kommt der Plan des Bundestrainers an. „Das Bemühen, junge Spieler einzubauen, ist deutlich erkennbar“, sagt Johannes Sellin. Der 21-Jährige hat sich in den vergangenen Monaten ins Nationalteam gespielt – mit guten Leistungen in Bundesliga und Champions League. „Das ist mein Teil der Abmachung“, sagt Sellin. „Wer im Verein regelmäßig spielt, hat gute Chancen bei Martin Heuberger.“ Sellin räumt aber auch ein: „Es ist ein Vorteil, dass er uns aus Junioren-Zeiten kennt, dass er weiß, wer wo seine Stärken hat. Trotzdem: erstes Bewertungskriterium ist Leistung.“ Denn Heuberger ist Pedant, vor allem im taktischen Bereich. „Seine Spielanalysen sind erstklassig“, sagt Sellin. Überhaupt gilt Heuberger, der in der Öffentlichkeit oft introvertiert wirkt, als äußerst kommunikativ, nicht nur im Umgang mit seinen Spielern.

Rolf Brack, Trainer beim Bundesligisten Balingen-Weilstätten und eine Art Handball-Weiser, hat den Bundestrainer für den Austausch mit den Vereinstrainern gelobt. Diesbezüglich war sein Vorgänger Heiner Brand häufig in die Kritik geraten. Bei allen Erfolgen galt Brand zum Ende seiner Ära bisweilen als beratungsresistent. Brack sagte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: „Martin Heuberger hat mit mir im vergangenen halben Jahr zehnmal telefoniert – zehnmal mehr als sein Vorgänger.“ Nun sind Rolf Brack und Heiner Brand nicht die besten Freunde. Über das Lob dürfte sich Martin Heuberger trotzdem gefreut haben.

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