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Umworben und umschwärmt. Gnabry war mit sechs Treffern bester Torschütze des olympischen Turniers, zur aktuellen Saison wechselte er von Arsenal nach Bremen.

© dpa/Ernesto

Junge Spieler mit Potenzial: Die Zukunft der Fußball-Nationalmannschaft

Joachim Löw will junge Fußballer an die Nationalelf heranführen. Wir stellen zwölf Kandidaten vor, die die Mannschaft künftig prägen könnten.

Am Mittwoch, im Testspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, gegen Finnland durfte die Zukunft vorspielen, heute im Pflichtspiel gegen Norwegen (20.45 Uhr, live bei RTL) wird wieder die geballte Prominenz auf dem Platz stehen. Die Qualifikation für die Weltmeisterschaft in Russland steht schließlich über allem. Darüber hinaus aber hat Bundestrainer Joachim Löw sich zum Ziel gesetzt, „junge Spieler mit Perspektive heranzuführen“. Die Tür stehe nun wieder weit offen. Wir stellen ein paar Kandidaten vor, die in den kommenden beiden Jahren durch diese Tür hindurchschlüpfen könnten – ohne Anspruch auf Vollständigkeit versteht sich.

Dass es sich bei SERGE GNABRY um einen Spieler mit glänzender Perspektive handelt, ist schon lange bekannt. Es war aber ein bisschen in Vergessenheit geraten, bis Gnabry sich bei Olympia zurück ins Rampenlicht gespielt hat. Mit sechs Treffern war er bester Torschütze des olympischen Fußballturniers. Die halbe Bundesliga (vorsichtig geschätzt) war in diesem Sommer an ihm interessiert, letztlich hat sich der 21-Jährige für einen Wechsel vom FC Arsenal zu Werder Bremen entschieden. „Wir haben immer mal wieder über ihn gesprochen“, sagt Joachim Löw über den dribbelstarken Außenbahnspieler. Bei seinen bisherigen Londoner Mannschaftskollegen Mesut Özil und Per Mertesacker hat der Bundestrainer immer mal wieder Erkundigungen eingeholt: „Beide haben von ihm geschwärmt.“

Von den Qualitäten des Schalkers LEON GORETZKA wird ebenfalls seit Jahren geschwärmt, er galt schon als Jugendspieler als eines der größten deutschen Talente. „Ich bin ein großer Fan von Leon Goretzka“, sagt Löw. „Er hat ein Riesenpotenzial.“ Einmal durfte der Mittelfeldspieler schon für die Nationalmannschaft auflaufen, das war unmittelbar vor der WM 2014, als gegen Polen eine Perspektivelf auf dem Platz stand. Seitdem aber hat Goretzka immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen gehabt. Bei Olympia erwischte es ihn gleich im ersten Spiel.

Mahmoud Dahoud.
Mahmoud Dahoud.

© picture alliance / dpa

André Schubert, der Vereinstrainer von MAHMOUD DAHOUD bei Borussia Mönchengladbach, sagt über den 20 Jahre alten Mittelfeldspieler: „Er hat eine unfassbare Qualität im Spielaufbau, das ist überragend.“ Schubert hat das allerdings nicht davon abgehalten, dem jungen Mann zu Beginn der Saison erst einmal den Stammplatz zu streichen. In den ersten vier Pflichtspielen stand Dahoud nur im Pokal gegen den Regionalligisten Drochtersen in der Startelf. Auf Dauer aber, da sind sich alle einig, wird der gebürtige Syrer seine vereinsinternen Konkurrenten im defensiven Mittelfeld klar hinter sich lassen.

Wie sein Schalker Vereinskollege Goretzka hat auch MAX MEYER im Mai 2014 in der Nationalelf debütiert. Auf seinen zweiten Einsatz musste er bis zum Mittwoch warten, als er beim 2:0 gegen Finnland das 1:0 erzielte. Der 20-Jährige hat gerade als Kapitän der Olympia-Mannschaft Silber gewonnen, im Finale gegen Brasilien traf er zum 1:1. „Er hat mir gut gefallen“, sagte Löw nach dem Spiel gegen die Finnen. „Er ist technisch sehr gut, hat ein sehr gutes Passspiel und macht die Wege in die Tiefe.“ Meyers einziger Nachteil: Im offensiven Mittelfeld mangelt es dem Bundestrainer schon jetzt nicht an qualifiziertem Personal.

Auch JULIAN BRANDT hat gerade in Rio Silber gewonnen. Das hat er unter anderem der Tatsache zu verdanken, dass Löw ihn Ende Mai bei letzter Gelegenheit noch aus dem EM-Kader gestrichen hat – obwohl Brandt in den Wochen zuvor der herausragende Spieler der Bundesliga war und in hohem Maße zum erfolgreichen Endspurt von Bayer Leverkusen auf Platz drei beigetragen hat. Der 20-Jährige bringt das mit, was Löw bei der EM schmerzlich vermisst hat: überragende Fähigkeiten im Eins-gegen-eins.

Julian Brandt
Julian Brandt

© dpa

Schon mit 16 Jahren hat NIKLAS SÜLE bei der TSG Hoffenheim mit den Profis trainieren dürfen, mit 17 debütierte er mitten im Abstiegskampf in der Bundesliga, mit 20 gewann er Silber bei Olympia – und lief (ebenfalls gegen Finnland) erstmals für die A-Nationalmannschaft auf. Der Innenverteidiger hat in Brasilien ein starkes Turnier gespielt, er ist robust, stark in der Spieleröffnung, und mit seinen Fähigkeiten längst in den Fokus größerer Vereine gerückt. In der Branche munkelt man, dass die Hoffenheimer ihn in diesem Sommer nur mit einer stattlichen Gehaltserhöhung zum Bleiben bewegen konnten.

Der Leverkusener JONATHAN TAH gehörte schon bei der Europameisterschaft zum Kader der Nationalmannschaft. Kurz vor dem Turnier war er für Antonio Rüdiger nachnominiert worden. Neben Julian Weigl war der 20-Jährige allerdings der einzige Feldspieler, der keine einzige Minute zum Einsatz kam. Trotzdem schätzt Löw den robusten Innenverteidiger, der technisch gut ist, in der Champions League bereits Erfahrung auf höchstem internationalen Niveau gesammelt hat, dessen Spiel aber nicht immer fehlerfrei ist. Beim Bundesligaauftakt verlängerte er einen Freistoß per Kopf direkt in den Lauf des Gladbachers André Hahn, der zum 1:0 traf und damit die Niederlage der Leverkusener einleitete.

Die beiden, olympischen Silbermedaillengewinner LUKAS KLOSTERMANN und JEREMY TOLJAN sind Außenverteidiger und deshalb fast automatisch für Bundestrainer Löw interessant. Auf dieser Position, links wie rechts, besteht traditionell der größte Mangel. Bei seiner Aufzählung möglicher Kandidaten hat Löw Klostermann und Toljan gar nicht erst namentlich erwähnt, sondern nur von den „beiden Außenverteidigern“ des Olympiateams gesprochen. Der Leipziger Klostermann hat in Rio links verteidigt, der Hoffenheimer Toljan rechts. Während Toljan technisch geschmeidiger ist, interpretiert Klostermann die Rolle eher robust. Ihm unterlaufen im Spielaufbau noch einige Fehler, aber meistens ist er in der Lage, sie selbst wieder zu korrigieren – weil Klostermann überragend schnell ist.

Als Außenverteidiger darf sich auch MITCHELL WEISER von Hertha BSC perspektivisch durchaus Hoffnungen auf eine Berufung ins Nationalteam machen. Weiser ist schnell, frech, technisch gut und interpretiert die Rolle sehr offensiv - also genauso wie Löw das präferiert.

Das Gleiche gilt auch für den erst 18 Jahre alten FELIX PASSLACK von Borussia Dortmund, der wie Weiser von Hause aus Offensivspieler ist. Einem größeren Publikum ist Passlack zum ersten Mal beim Supercup gegen Bayern München aufgefallen, als er sich Franck Ribéry furchtlos in den Weg stellte.

Mit dem SC Freiburg ist der gebürtige Berliner MAXIMILIAN PHILIPP gerade in die Bundesliga aufgestiegen, aber längst haben ihn auch größere Klubs auf dem Schirm. Der 22-Jährige kommt für fast alle Positionen in der Offensive in Frage, und er bringt genau jene Zielstrebigkeit mit, die der Bundestrainer Löw zuletzt von seiner Mannschaft wieder angemahnt hat. Am Freitag hat Philipp beim 3:0-Sieg gegen die Slowakei in der U 21 debütiert. Ob (und wann) es für ihn noch einen Schritt weitergeht, wird davon abhängen, wie schnell er sich an die Anforderungen der Bundesliga gewöhnt.

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