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Sport: Juventus Turin: Eine Blamage für ganz Italien

Dass Italien weit über alle politischen Konstellationen hinaus in zwei Lager zerfällt, wenn es um Fußball geht, gilt seit mehr als einem Jahrhundert als Eckstein der südländischen Kultur: Man ist entweder für oder gegen Juventus Turin. Zwar hat jeder seinen eigenen Verein, als dessen Fan er sich bekennt, lebenslang.

Dass Italien weit über alle politischen Konstellationen hinaus in zwei Lager zerfällt, wenn es um Fußball geht, gilt seit mehr als einem Jahrhundert als Eckstein der südländischen Kultur: Man ist entweder für oder gegen Juventus Turin. Zwar hat jeder seinen eigenen Verein, als dessen Fan er sich bekennt, lebenslang. Doch darüber hinaus gehört es zur staatsbürgerlichen Pflicht, sich nebenbei auch noch als Juve-Tifoso oder -Gegner zu bekennen.

So war es bisher. Nun scheint plötzlich alles anders zu sein. Seit Juventus Turin nicht nur aus der Champions League geflogen ist, sondern auch noch das Recht auf Mitwirkung im Uefa-Cup verloren hat, geht selbst bei notorischen Gegnern des Rekordmeisters das Zähneklappern um: Wie konnte es so weit kommen? Juventus ist für Italien das , was der FC Bayern für Deutschland ist - von vielen zwar ungeliebt, aber doch extrem wichtig für die nationale Identität. So ist Turins Scheitern eine Blamage fürs ganze Land.

"Jammern und Wehklagen, ansonsten aber Schulterschluss. Schuld hat keiner, aber wie man weitermachen soll, weiß auch niemand", berichtet der "Corriere dello sport" ratlos. Trainer Ancelotti hat seinen Rücktritt angeboten, wurde aber zurückgewiesen. Mittelstürmer Del Piero grummelt etwas von einer "Nacht der langen Messer", wobei er als Opfer wohl sich selbst sieht, aber auch den in der Publikumsgunst ganz nach unten gerutschten französischen Superstar Zidane, der das Image der vornehmen Mannschaft mit einem Kopfstoß gegen den Hamburger Kientz (mit nachfolgend zwei Spieltagen Sperre) ramponiert hat, oder die beim letzten Spiel gegen Panathinaikos vom Platz gestellten van de Sar und Kovacevic.

Jedenfalls gerieten am Donnerstag radikale Juve-Fans mit Spielern in ein böses Handgemenge; die Mannschaft muss jetzt unter massivem Polizeischutz trainieren. Die Nibelungentreue, mit der sich die Vereinsmanager zur Mannschaft und ihrem Trainer bekennen, hat gute Gründe. Nicht nur, dass sie um die eigenen Posten fürchten müssen (mit Ausnahme von Eigner Agnelli). Sie sehen auch keinerlei Perspektiven, wen sie denn an Stelle der Versager verpflichten könnten. Alle guten Trainer sind weg; der alte Trapattoni, den man in Fällen derlei gewaltiger Krisen immer geholt hatte, derzeit bei der Nationalmannschaft unabkömmlich, und der Spielertransfer-Markt wurde vor zwei Wochen geschlossen.

Bleibt nur die Hoffnung auf die nächste Meisterschaft und den nationalen Pokal - aber auch da stehen die schwarzweißen Kicker derzeit nicht allzu gut da. Immerhin ist die Welt dort wieder in Ordnung - da sind alle Italiener entweder für oder gegen Juventus.

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