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Sport: Kaltblütigkeit schlägt Emotion

Argentinien gewinnt ein hochklassiges Spiel 2:1 gegen die Elfenbeinküste

Das Maskottchen saß auf der Tribüne von Hamburg und hatte sich das argentinische Trikot übergestreift. Die Anwesenheit von Diego Armando Maradona, dem argentinischen Fußball-Gott, gilt gemeinhin als Glücksbringer für die Nationalmannschaft. Aber Maradona hatte vor dem Spiel die Erwartungen an den argentinischen Trainer noch einmal unmissverständlich deutlich gemacht: „Entweder wir bauen ihm ein Denkmal oder wir schneiden ihm den Kopf ab.“ Maradona spricht ja sozusagen stellvertretend für ein ganzes Fußballvolk, und so war seine Anwesenheit beim gestrigen 2:1 (2:0)-Sieg über die Elfenbeinküste auch als eine Art Warnsignal zu verstehen. Bisher hatten die Argentinier nicht genau kapiert, wie Pekerman zum Erfolg kommen will, weil er sich so verschlossen gegeben hatte. Seit gestern ist man ein wenig schlauer: Kaltblütigkeit schlägt Emotion, so kann man das Spiel, zeitweise auf höchstem Niveau, zusammenfassen. Allerdings: sehr knapp.

Als Didier Drogba, der große Star der Elfenbeinküste, kurz vor 21 Uhr als letzter in den Kabinentrakt vor dem Ausgang einlief, klopfte der Kapitän und Stürmer vom FC Chelsea jedem seiner Mitspieler aufmunternd auf die Schultern, und bei der Hymne sang er nicht nur lautstark mit, sondern platzierte seine rechte Hand auf seinem Herzen. „Wir sind hergekommen, um Weltmeister zu werden“, hat er selbstbewusst gesagt.

Auf dem Rasen spielte sich dann schnell das ab, was die Experten vorausgesagt hatten. Tatsächlich stand da, in knalliges Orange gekleidet, eine Mannschaft aus Westafrika auf dem Platz, die auf allerhöchstem technischen Niveau agierte. Ein ums andere Mal narrten Touré, Kalou oder Keita ihre Gegenspieler und wurden lautstark gefeiert. Auf der anderen Seite ließ sich Argentinien augenscheinlich von den stürmischen Ivorern beeindrucken. In den ersten Minuten störten die Südamerikaner zwar noch früh das Spiel ihres Gegners, aber dann taten sich doch vor allem im Mittelfeld Lücken auf, die so groß waren, dass Trainer José Pekerman unzufrieden aufsprang und an der Linie wild gestikulierte.

Vielleicht trug auch die 14. Spielminute dazu bei, dass die Argentinier nicht immer konzentriert genug ihrer Arbeit nachgingen. Nach einer Ecke von Riquelme wuchtete der starke Verteidiger Ayala den Ball in Richtung Tor, Tizié musste nachfassen und tat dies womöglich hinter der Linie. Zweifelsfrei war es nicht zu klären, aber fortan spielte sich die Elfenbeinküste immer weiter vor das argentinische Tor. Bis zur 24. Minute: Hier zeigte sich, wie wichtig es ist, auch die so genannten Standards zu beherrschen, vor allem, wenn der Gegner Druck macht. Wieder zieht Riquelme einen Freistoß von der linken Seite scharf und mit viel Spin in den Strafraum, die Kopfball-Abwehr fällt zu kurz aus, Argentiniens Stürmer Hernan Crespo steht goldrichtig und staubt zur Führung ab.

Nun spielte Argentinien mit kühlem Herzen und mit Blick für die Situation, nicht der Favorit ist es, der Druck machen musste, sondern die Afrikaner. Und die können das auch. Doppelpass Kalou, Keita, die Zuschauer raunen, Drogba kommt fast zum Schuss, aber Ayala klärt, Touré narrt Burdisso und passt exakt auf Kalou, aber keine Chance kann die Elfenbeinküste verwandeln.

Stattdessen wieder Riquelme, still und oft unauffällig agierend, aber dann zum Geniestreich hellwach: Pass durch die Viererkette hindurch, Crespo steht im Abseits, greift aber nicht ein, Saviola trifft zum 2:0. Pekerman umarmt auf der Bank fast die gesamte Belegschaft.

Der zweiten Halbzeit fehlte ein wenig der Elan und das Spektakuläre des ersten Durchgangs, aber das liegt daran, dass die Argentinier besser standen. Die Pekerman-Boys wollten ihr Spiel jetzt zu Ende spielen: sachlich, mannschaftlich geschlossen, nicht gerade berauschend, aber ab und an immer mal wieder auch mit dem überraschenden Einfall. Aber das war am Ende dann doch beinahe zu wenig. Als Drogba dem starken Ayala endlich einmal entwischte, stand es plötzlich nur noch 1:2 (82.), zu mehr reichte es für die Elfenbeinküste allerdings nicht mehr.

Auf der Tribüne nickte das Maskottchen wohlwollend. Vorerst muss sich José Pekerman um seinen Kopf noch keine Gedanken machen. Aber das kann noch kommen.

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