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Sport: Kampf um die Deutungshoheit

Nach dem 2:1-Erfolg des Hamburger SV hadert der VfB Stuttgart mit dem Schiedsrichter

Von Karsten Doneck, dpa

Rene Klingbeil hatte ein paar gute Aktionen gehabt. Dennoch blieb er zur Pause in der Kabine. Sein Pech war, dass er ein gelernter Verteidiger ist. Und Thomas Doll, Trainer des Hamburger SV, stand im Heimspiel gegen den VfB Stuttgart der Sinn nach Stürmischem. Für Klingbeil kam Emile Mpenza, um die Offensive weiter zu stärken. Dieser Plan ging auf. Der HSV siegte vor 48 214 Zuschauern mit 2:1 (1:1), und nach Ansicht von Sportchef Dietmar Beiersdorfer war Dolls Maßnahme genau richtig gewesen. „Unsere Mannschaft hat sich mit der taktischen Umstellung gut zurechtgefunden, sie ist in der zweiten Halbzeit auch besser in die Zweikämpfe gekommen.“

Trotzdem hatten die Hamburger auch das nötige Glück. Da zog HSV-Torwart Martin Pieckenhagen nach einer Stunde Spielzeit im eigenen Strafraum dem heranstürmenden Imre Szabics mit den Händen die Füße weg. Klarer Elfmeter, dachten die Stuttgarter. Schiedsrichter Uwe Kemmling gab aber, ohne sich um die Proteste der Stuttgarter Spieler zu kümmern, Torabstoß für den HSV. „Ich war mit der linken Hand ganz klar am Ball“, sagte Pieckenhagen. VfB-Trainer Matthias Sammer, der an der Seitenlinie fortwährend die Diskussion mit dem vierten Schiedsrichter Thorsten Schriever suchte, hielt sich in seiner Beurteilung des Unparteiischen zurück. „Wenn ich das sage, was ich zu diesem Thema empfinde, wird’s problematisch mit meiner Weiterbeschäftigung als Trainer“, sagte Sammer.

Die Gastgeber führten zum Zeitpunkt des nicht gegebenen Elfmeters bereits mit 2:1. Sergej Barbarez hatte vor der Pause mit seinem neunten Saisontor die VfB-Führung ausgeglichen. Diese hatte nur 120 Sekunden zuvor Szabics erzielt. „Das war unser Problem, dass wir das 1:0 nicht länger gehalten haben“, sagte Sammer. Nach dem Wechsel glückte Daniel van Buyten mit einem Kopfball der entscheidende Treffer. „So ein Tor kannst du gar nicht verhindern“, sagte Sammer und staunte. „Der van Buyten, der stand ja sieben Meter hoch in der Luft und haut dann das Ding rein. Dafür muss ich ihm auch mal ein Kompliment machen.“

Der VfB litt in Hamburg beträchtlich unter personellen Widrigkeiten. Weil neben Cacau, der wegen der fünften Gelben Karte fehlte, kurzfristig auch noch Kevin Kuranyi wegen einer Leistenblessur ausfiel, musste Sammer seinen zweiten Sturm aufbieten. Und der bestand zunächst nur aus einer Person: Imre Szabics. Außerdem versuchten die Stuttgarter dem HSV beizukommen, indem sie das Mittelfeld dicht machten. „Die haben sehr kompakt gestanden“, erklärte Beiersdorfer. Das Konzept des VfB war endgültig über den Haufen geworfen, als sich der verwarnte Boris Zivkovic die Gelb-Rote Karte einhandelte. In einem Kopfballduell mit Takahara hatte Zivkovic seinen linken Arm eingesetzt, doch nicht jeder auf der Bank des VfB Stuttgart hielt diese Aktion für so bestrafungswürdig wie Schiedsrichter Kemmling.

Die letzte Heimniederlage des HSV gegen den VfB Stuttgart datiert aus der Saison 1996/97. Damals gab es ein 0:4. Mit dem aktuellen Resultat nähert sich der HSV den Plätzen, die zur Europapokalteilnahme berechtigen. Mittelfeldspieler Stefan Beinlich, gegen Stuttgart überragend, mag so weit noch nicht denken. „Wir wissen, dass wir noch ein Stückchen Weg zurücklegen müssen, um uns als Spitzenmannschaft festsetzen zu können.“ Sein Teamkollege Sergej Barbarez hingegen stellt angesichts des anhaltenden Aufwärtstrends der Hamburger unter Trainer Thomas Doll fest: „Langsam wird’ s unheimlich.“

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