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Sport: Kampf um die Kanzlerstadt

Arminia Hannover streitet mit dem DFB, um auf Hosen werben zu dürfen

Von Christian Otto

Wenn das Hinterteil eines Fußballers zum Beweisstück wird, dann ist die Lage schon skurril: Vor dem Landgericht Frankfurt am Main soll heute die Frage geklärt werden, ob das Verbot von Hosenwerbung im Fußball noch zeitgemäß ist. Geklagt wird gegen den großen Deutschen Fußball-Bund (DFB) von einem kleinen Klub, dem Oberligisten Arminia Hannover. „Der DFB spielt sich als oberster Sittenwächter des deutschen Fußballs auf“, beklagt Jürgen Scholz, der Klubchef der Arminia – und zugleich deren Anwalt. Sein Verein will sich mit der Regel, nach der Werbung auf dem verlängerten Rücken eines Kickers geschmacklos sein soll, nicht abfinden und hat Klage eingereicht. „Sonst hat der DFB bald auch noch etwas gegen Fußballer mit langen Haaren, Ohrringen oder Tätowierungen und lässt diese nicht mehr mitspielen“, sagt Scholz voller Angriffslust.

Gestritten wird schon seit mehreren Instanzen. Den DFB mit Reklame auf dem Gesäß zu ärgern, kommt immer mehr in Mode. Mit dem TSV Havelse (5. Liga) und SF Ricklingen (6. Liga) haben sich bereits zwei Lokalrivalen als Nachahmer des Viertligisten Arminia Hannover gefunden, die derzeit das Verbot der Hosenwerbung ignorieren und sogar Geldstrafen des Verbandes in Kauf nehmen. „Gut gepolstert“, heißt der Slogan eines Möbelherstellers auf dem Po der Havelser Amateurfußballer. „Man kann von uns nicht verlangen, dass wir gute Arbeit im Jugend- und Männerbereich leisten, aber dann dem Amateursport eine solche Einnahmequelle verschließen“, findet Havelses Funktionär Dieter Haaßengier, der seinem Kollegen Scholz vor Gericht die Daumen drückt. Man hofft auf ein Urteil, das die Etatplanungen aller Vereine zwischen Kreisklasse und Champions League erheblich verändert.

Im Handball, Volleyball und Eishockey ist Werbung auf Hosen längst erlaubt, im spanischen und österreichischen Fußball auch. Dass der DFB das Po-Sponsoring geschmacklos findet, gleichzeitig die Kampagne „Keine Macht den Drogen“ fördert und Brauereien als Trikotsponsoren in der Bundesliga zulässt, dürfte auch den in Frankfurt zuständigen Richter Werner Rau interessieren. Bisher bleibt der größte Sportverband der Welt bei seiner Position. „Es gibt im DFB keine Mehrheit für eine Ausweitung der geltenden Werbemöglichkeiten“, sagt DFB-Sprecher Harald Stenger. Seine Vorgänger haben ähnlich argumentiert, als es in den Siebzigerjahren um die Einführung der Trikotwerbung ging. Eintracht Braunschweig hatte 1973 für einen Eklat gesorgt, als die Firma Jägermeister den Löwen auf den Trikots des damaligen Erstligisten für 100000 Mark durch das Firmensymbol, einen 18 Zentimeter großen Hubertus-Hirsch, ersetzen ließ. Der DFB sprach damals, als die Werbung das Vereinslogo ablösen sollte, von einer Sünde wider den Sport. Man stritt vor Gericht, monatelang, ehe der DFB nachgab und zur Saison 1974 die Trikotwerbung in Deutschland Einzug hielt. Vielleicht müssen die Anwälte des DFB jetzt noch einmal das geltende Regelwerk prüfen. Der Weltverband Fifa hat das Verbot der Hosenwerbung nämlich bereits im Juli 2003 aufgehoben.

Die Hosenwerbung bei Arminia Hannover ist indes leicht irritierend. „Kanzlerstadt“ steht dort, obwohl doch die letzten Tage des Hannoveraners Gerhard Schröder als Bundeskanzler schon gezählt werden. Des Rätsels Lösung: Ein Boutiquen-Besitzer aus Hannover vertreibt T-Shirts und Jacken mit der Aufschrift „Kanzlerstadt“ und wirbt dafür. Ein Euro des Verkaufspreises pro Shirt geht an die von Doris Schröder-Köpf unterstützte Aktion zugunsten drogenabhängiger Kinder.

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