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Sebastian Brendel, 29, stammt aus Potsdam und ist seit 2007 bei der Nationalmannschaft dabei. 2016 gewann er bei den olympischen Sommerspielen in Rio zwei Goldmedaillen.

© ·ulová Kate·ina/CTK/dpa

Kanute Sebastian Brendel: „Vor allem habe ich ein Kämpferherz“

Gleich drei Goldmedaillen gewann Sebastian Brendel bei der Kanu-Weltmeisterschaft in Racice. Im Interview spricht er über Medaillen, Trainingsrückstände und sein Erfolgsrezept.

Herr Brendel, bei der WM in Racice gewannen Sie dreimal Gold. Haben Sie noch Platz in der Medaillensammlung?

Sie sind schon aufgeteilt. Die wichtigsten, also die Europameisterschafts- und Weltmeisterschaftsmedaillen, und natürlich die Olympia-Medaillen, liegen bei mir zu Hause in einer Box. Die anderen sind bei meinen Eltern – da gibt es ein Medaillenzimmer.

Sie hatten vor der WM eine Auszeit, sind spät ins Training eingestiegen. Hat sich das im Wettkampf bemerkbar gemacht?

Die Auszeit hat mir gutgetan, um mich fürs Training zu motivieren und auch wieder Freude am Sport zu haben. Natürlich hat man einen Trainingsrückstand, aber da ich mental fitter war, fiel es mir dadurch nicht schwerer. Ich hatte ein gutes Wochenende in Tschechien, hatte Spaß am Paddeln. Und ich bin super happy, dass ich mit drei Medaillen da stehe. Das hätte ich am Anfang der Saison so nicht gedacht.

Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?

Ich bin seit 2007 in der Nationalmannschaft dabei und fahre seit 2009 im Einer. So habe ich über die 1 000 Meter viele Erfahrung gesammelt und außerdem extrem viel Trainingskilometer absolviert. Und vor allem habe ich ein Kämpferherz. Das Rennen entscheidet sich oft auf den letzten Metern, in denen ich mich noch einmal so richtig auspowern kann wie vielleicht kein anderer.

Nicht nur Sie, die ganze Kanu-Nationalmannschaft war bei dieser WM und auch bei den vergangenen Olympischen Spielen sehr erfolgreich. Woran liegt das?

Das System funktioniert gut bei uns, so ein bisschen noch nach der Alt-DDR-Schule. Wir haben starke Trainingsgruppen, einen langen Saisonaufbau – wir fangen jetzt im Oktober eigentlich schon an, die neue Saison vorzubereiten. Außerdem haben wir erfahrene Trainer. Wir fordern uns im Training immer wieder, stellen uns den gegen die Besten aus dem nationalen Kader. Das könnte unser Geheimrezept sein

Können andere Sportarten etwas von den Kanuten lernen?

Das ist immer schwer zu sagen. Bei den Leichtathleten oder bei den Schwimmern haben viele ihre eigenen Trainer, mit dem sie unterwegs sind. Da ist das Training nicht so zentralisiert. Ob sich ein System so eins zu eins zu kopieren lässt, weiß ich nicht. Aber bei der Ruderern ist das ähnlich. Auch sie versuchen, viel des Trainings zu zentralisieren, gerade wenn es auf die sportlichen Höhepunkte zugeht. Vor allem für die Mannschaftsboote ist es wichtig, dass man sich lange gemeinsam einfährt.

In Ihrem Sport wie bei anderen Sportarten immer wieder ein Thema: die Förderung...

Für die Spitzenathleten ist das nicht einfach. Wenn sie Erfolge haben, wird es leichter, Sponsoren zu finden. Doch für die breite Masse, für die Sportförderung da sein sollte, wird es immer schwerer. Meine wichtigsten Unterstützer sind mein Arbeitgeber, die Bundespolizei, und meine persönlichen Sponsoren, die ich mir über die letzten Jahre aufgebaut habe. Nach Rio konnte ich meine Sponsoren weiter ausbauen, so dass ich mich mit guter Unterstützung auf Tokio vorbereiten kann.

Wenn im Fußball Transfersummen im dreistelligen Millionenbereich diskutiert werden und in Ihrem Bereich ähnlich erfolgreiche Sportler sich selbst Unterstützung suchen müssen, empfinden Sie das als ungerecht?

Klar ist es ein Stück weit ungerecht. Aber es hat ja auch Gründe. Die Verbände sind längst nicht so professionell aufgestellt, dass sie im Bereich Öffentlichkeitsarbeit eine richtige Struktur und ein Konzept haben. Und uns fehlen TV-Zeiten. Von der Kanu-Weltmeisterschaft kam nicht eine Minute live im TV. So ist es oft schwierig, Sponsoren zu überzeugen. Da würde ich mir natürlich wünschen, dass sich das in Zukunft ändert.

— Das Gespräch führte Helena Wittlich.

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