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Sport: Kaputtes Rennen

Montoya siegt in Hockenheim – Michael Schumacher wird nach Chaos am Start und einer Reifenpanne nur Siebter

Hockenheim. Plötzlich fing Michael Schumacher an zu fluchen, in der 64. Runde, am Beginn der Geraden. Schumacher blickte in den Rückspiegel, er hatte einen kaputten linken Hinterreifen. Als Schumacher drei Runden später durchs Ziel raste, waren schon sechs andere vor ihm da. Der Weltmeister wurde nur Siebter, doch als er an der Haupttribüne vorbeifuhr, schwenkten Ferrari-Fans ihre roten Kappen. Keine Geste am Ende des Großen Formel-1-Preis von Deutschland auf dem Hockenheimring drückte mehr Emotionen aus. Es war der Gruß an den, nun ja, Sieger der Herzen dieses Rennens. Natürlich reckte auch Juan Pablo Montoya die Fäuste in seinem Cockpit als er über die Ziellinie fuhr. Auch eine Geste, die bejubelt wurde. Der Kolumbianer hatte gewonnen in seinem BMW-Williams. Aber es war kein schwer erkämpfter Sieg. Es war, als feierte man eine gut funktionierende Maschine. David Coulthard (McLaren-Mercedes) wurde Zweiter vor Jarno Trulli im Renault.

Aber Zweiter hätte Michael Schumacher werden müssen. Der Weltmeister hatte sich vier Runden zuvor in einem packenden, waghalsigen Duell an Trulli vorbeigeschoben; gestartet war Schumacher als Sechster. Aber dann ging der Reifen kaputt. „Warum, wissen wir auch nicht“, sagte er. „Solche Dinge passieren halt“. Samstag war es ihm auch schon beim Training passiert. Wenn man zynisch wäre, könnte man sagen, dass es gut war für die WM, dass solche Dinge passieren. Montoya holte neun Punkte in der Gesamtwertung auf Michael Schumacher auf und liegt jetzt nur noch sechs Punkte hinter dem Ferrari-Piloten. Michael Schumacher sagt: „Ich habe immer erklärt, dass ich die BMW-Williams für stärkere Konkurrenten halte als die McLaren-Mercedes.“

Aber Schumacher hatte nur deshalb von seiner ungünstigen Startposition aufholen können, weil am Start des Rennens Chaos herrschte und der Weltmeister davon nicht betroffen war: Ralf Schumacher hatte den Ferrari von Rubens Barrichello touchiert. Links von Barrichello versuchte Kimi Räikkönen in seinem McLaren-Mercedes an dem Brasilianer vorbeizujagen und streifte ihn ebenfalls. Barrichello musste sich vorkommen wie ein Sandwich. Räikkönens Wagen knallte mit 150 Stundenkilometern in den Boliden von Ralf Schumacher und flog demoliert von der Piste. „Ihm ist nichts passiert“, sagte Norbert Haug, der Motorsportchef von McLaren-Mercedes. Auch der schuldlose Barrichello blieb mit kaputtem Fahrzeug liegen, eigentlich noch eine tragische Figur dieses Rennens. Ralf Schumacher musste ebenfalls aufgeben. Damit waren die fünf besten Fahrer des Qualifyings außer Gefecht. Und Michael Schumacher sah beim Vorbeifahren, dass mit Räikkönen sein bis dahin schärfster Verfolger in der Gesamtwertung auf dem Kiesbett lag. Das Rennen wurde nicht abgebrochen, weil nach Definition der neuen Regeln nicht genug passiert war.

Nur: Wer hatte Schuld? Ralf Schumacher? Der sah es nicht so. „Ich habe weder einen plötzlichen Richtungswechsel vorgenommen noch etwas anderes in der Art“, sagte der Bruder des Weltmeisters. Haug lehnte sich nach dem Rennen an die Kühlerhaube eines Trucks und sagte: „Ralf hat den Unfall ausgelöst.“ So sahen es auch die Rennkommissare. Sie urteilten, dass Ralf Schumacher deshalb im nächsten Rennen, dem Großen Preis von Ungarn, zehn Plätze hinter seiner im Qualifying offiziell erreichten Startposition losfahren muss. BMW-Williams protestiert gegen diese Strafe.

Wäre Ralf Schumacher ins Ziel gekommen, dann hätte er die McLaren-Mercedes und die Ferrari hinter sich gelassen. „Die BMW-Williams waren heute nicht zu schlagen“, sagt Haug. Montoyas BMW-Williams fuhr nicht bloß wegen der überlegenen Michelin-Reifen dem Weltmeister davon. „Das ganze Paket hat heute bei uns gestimmt“, sagte BMW-Motorsportchef Mario Theissen. Norbert Haug jedenfalls war mit Platz zwei von Coulthard hoch zufrieden. „Er hat für Kimi die Kastanien aus dem Feuer geholt. Und Kimi ist immer noch im Rennen um die Weltmeisterschaft.“ Das gilt spätestens seit gestern auch für Montoya.

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