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Demonstrativer Karnevalskult: Bei Mainz stehen die Clowns auf der Tribüne.

© Imago

Karnevalsverein Mainz: Die Macht des schlichten Bekenntnisses

In Mainz reichen die Fans Weck, Woscht, Woi und 1000 Liter Bier, danach, davor und dabei drehen die "Finther Schoppesänger" richtig auf. Im Grunde lebt der FSV nicht von seinem Angriffsspiel, sondern von seinen Verkleidungen. Mit anderen Worten: Die Nummer Eins am Rhein bleibt Mainz.

Einen Prinzen, den braucht Mainz doch gar nicht. Das ist höchstens was für obrigkeitsgläubige Karnevalisten am Niederrhein. Touristen zieht es zur Show nach Köln. Mainz ist das Ursprüngliche. Mainz ist wirklich Karneval, oder besser: Fassenacht!

In Mainz reicht ein schlichtes Bekenntnis, um zu zeigen, wer der echte Narr im Lande ist. „Wir sind nur ein Karnevalsverein“, singen die Mainzer Fans in steter Regelmäßigkeit. Und: „Ihr fahrt weinend jetzt nach Hause im Büßerhemd und Narrekapp. Denn ihr steigt bestimmt dies’ Jahr noch ab! Doch am Bruchweg steigt die Sause, ja wir feiern und hamm Spaß! Mit Weck, Woscht, Woi und 1000 Liter Bier – vom Fass!“ Und weiter: „Jetzt kriegt ihr euern Supergau, ein dreifach donnerndes HELAU HELAU HELAU!“

Mainz ist Deutschlands Karnevalsverein. Das zeigen schon die „Finther Schoppesänger“, die mit ihrem „Mainz 05 haut auf die Pauke“ und „Ja, wenn die Tore fallen“ karnevalistisch mächtig aufdrehen. Wundert es da jemanden, dass die Mainzer 2007 Fangesang-Meister wurden – gekürt von einem Franken, dem ehemaligen Radioreporter Günther Koch? Köln, das nur am Rande, wurde Dritter.

Der Rosenmontag „in Mainz am Rhein“ wird nicht bloß am Rosenmontag besungen, sondern natürlich ganzjährig. Narrenkappe, weiß geschminkte Gesichter und von der Mannschaft handsignierte Fastnachtsfahnen sind Standard zu allen fünf Jahreszeiten. Ebenso der Fanschal in den Karnevalsfarben Weiß, Rot, Blau und Gelb. In Mainz entwickeln sich aus Karnevalsvereinen wie dem „Lerchenberger Carneval Club“ Fanklubs. In diesem Fall die „Euleköpp 05“.

Beim Rosenmontagszug werden die 05er auch präsent sein. Und Willi Dietrich erst. Der Edelfan der 05er, natürlich Gastwirt im Nebenberuf, handelt nach dem Prinzip: neues Spiel, neuer Schmuck. Denn seine Glatze bemalt oder bebaut er regelmäßig. Meist ziert das Muster eines Fußballs seinen Schädel und obendrauf gibt es noch eine kleine Skulptur: mal ein Engel mit 05er-Logo oder auch ein VW-Käfer.

Genau genommen lebt der FSV Mainz 05 nicht von seinem Angriffsspiel, sondern von seinen Verkleidungen. Lange Zeit waren die Mainzer als graue Maus der Zweiten Liga verkleidet. Gut, sie hatten irgendwie über Jahre nichts Passenderes gefunden. Dann fasste sich vor ziemlich genau zehn Jahren ein Autoverkäufer ein Herz, schlüpfte in das Kostüm des Fußball-Managers, stülpte einem Sportstudenten Trainerklamotten über und machte aus der grauen Maus einen bunten Spaßvogel. Der verkleidete Autohändler ist heute noch in Mainz aktiv. Jetzt hat er sich einen Ex-Sportstudenten und diplomierten Betriebswirt geholt, ihm einen Trainingsanzug verpasst und wieder hat es geklappt. Der andere Sportstudent macht als Trainer gerade in Dortmund sein Meisterstück. Allerdings nicht in Sachen Karneval – da ist an der Ruhr nichts zu holen.

Und Köln? Nun, so viel muss man ihnen zugestehen: Fußball-Darsteller haben sie für ihr Team auch gefunden.

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