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Sport: Kein Mann der Jugend

Michael Rosentritt über den konservativen Rudi Völler Manchmal wundert sich Rudi Völler selbst darüber, welche Popularität er in Deutschland besitzt. „Ich bin im Grunde ein fauler Mensch, ich neige zu Wutausbrüchen, bin geschieden und habe Kinder aus erster Ehe.

Michael Rosentritt über

den konservativen Rudi Völler

Manchmal wundert sich Rudi Völler selbst darüber, welche Popularität er in Deutschland besitzt. „Ich bin im Grunde ein fauler Mensch, ich neige zu Wutausbrüchen, bin geschieden und habe Kinder aus erster Ehe. Vielleicht mögen sie mich deshalb.“ Wahrscheinlicher ist, dass viele Menschen das gar nicht wissen, sondern den Teamchef deswegen mögen, weil er scheinbar alles richtig macht. Und wenn Völler, der seit seinem Amtsantritt mehr als zwei Dutzend junger Spieler zum Debüt verhalf, als Mann der Jugend gefeiert wird, dann ist das auch nur die halbe Wahrheit. In Wirklichkeit ist Rudi Völler ein konservativer Mensch – und Trainer.

Völler ist keiner, der auf Einflüsterungen hört. „Jung, jung, jung! Diese Hysterie mache ich nicht mit“, sagt Völler. Zu der Nominierung von Benjamin Lauth und Tobias Rau, beide 21, sagt er: „Diese beiden Spieler sind hier, nicht weil sie jung sind, sondern weil sie gut sind.“ Niemand hat nachgefragt, ob sie dabei gewesen wären, wenn etwa Ballack und Hamann und Rehmer hätten spielen können. Für Völler ist Fußball ein einfaches Spiel. Es verlangt Einsatz, Willen und Leidenschaft. Für System und Taktik hat er sich nie besonders interessiert.

Völler hat 90 Länderspiele bestritten. Er weiß, was auf einen zukommt. Und er setzt auf Erfahrung. Das hat er sogar nach der missratenen EM 2000 getan. Beim anschließenden Neuaufbau waren bis auf Lothar Matthäus alle EMVersager mit dabei. Nicht viel anders war es in den Ausscheidungsspielen gegen die Ukraine, die Deutschland zur WM brachten. Eine WM, bei der Spieler wie Deisler, Scholl und die halbe Abwehr fehlten. Aus der Not heraus setzte Völler auf Metzelder, Frings, Klose. Und hatte Glück. Jetzt tauchen neue Namen auf. „Wenn von zehn einer dabei ist, der richtig groß wird, wäre ich zufrieden“, sagt Völler. Der Teamchef schiebt die WM 2006 bewusst weit von sich, steuert dem Jugendwahn entgegen. Sein Ziel ist die EM 2004. „Danach haben wir zwei Jahre Zeit, etwas Vernünftiges aufzubauen.“ Konventioneller geht es nicht.

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