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Sport: Kein Punkt fürs Mithalten

Stuttgart vergibt in Glasgow die Siegchance

Glasgow - Zumindest einer der vielen Stuttgarter Champions League-Debütanten zeigte internationale Klasse. Es war aus Sicht der Schwaben aber nur der Trainer, Armin Veh. Der 46-Jährige brachte das schier Unerklärliche eloquent auf den Punkt. „90 Minuten Aufwand betrieben, drei Minuten geschlafen, das Spiel unnötig aus der Hand gegeben“, dozierte er. Tapfer kämpfte er gegen die eigene Wut – „solche Fehler machen mich narrisch, wie man in Bayern sagt“ – und rang sich neben einem Lob für seine „verbesserte Mannschaft“ sogar zuversichtliche Worte über die Zukunft des deutschen Vereinsfußballs ab. Stuttgarts 1:2-Niederlage im Ibrox-Stadion hatte den Hattrick von Pleiten in der Champions League perfekt gemacht. Veh aber analysierte, dass die Ergebnisse nicht dem wahren Stand der Entwicklung entsprachen: „Die deutschen Mannschaften haben taktisch und spieltechnisch aufgeholt.“

In der Lage, das neue Wissen gewinnbringend umzusetzen, waren Vehs junge Fußballschüler jedoch (noch) nicht. Dabei waren sie durch Mario Gomez sogar in Führung gegangen - steckten aber in der letzten halben Stunde zwei Gegentore ein. Die Versetzung ins Achtelfinale, laut Kapitän Fernando Meira nur eine Vorstufe vom „großen Traum Viertelfinale“ ist schon nach dieser ersten vermasselten Prüfung akut gefährdet. Leichter als gegen die mit überschaubaren Mitteln werkelnden Schotten dürfte es in der tückischen Gruppe E mit Barcelona und Lyon nicht mehr werden.

„Man hat heute gesehen, dass wir auf diesem Niveau mithalten können“, sagte der wie alle Schwaben maßlos enttäuschte Präsident Erwin Staudt. Das war ein gut gemeintes Fazit, aber zugleich ein äußerst hartes Urteil. Die Stuttgarter hätten ja das Zeug gehabt, die Rangers im eigenen Stadion zu beherrschen, doch Schlampigkeiten im Aufbauspiel – schon der vorletzte Ball wurde meist zu weit, zu steil und zu ungenau gespielt - und grobe Fehler im Defensivverhalten hatten den Gastgebern letztlich „den Sieg geschenkt“, wie Veh klagte.

Der Gipfel der Unzulänglichkeiten wurde nach Mario Gomez’ Führungstreffer nach einer knappen Stunde Spielzeit erreicht, als der zuvor am Kopf verletzte Rangers-Kapitän Barry Ferguson unter frenetischem Jubel zurück auf das Spielfeld kam. Drei Stuttgarter ließen den Linksverteidiger Alan Hutton naiv „quer übers halbe Feld“ (Veh) laufen; sein Pass fand Charles Adam, der Raphael Schäfer überwand. „Den Mann muss man mit einen kleinen Zupfer stoppen“, ärgerte sich Sportdirektor Horst Held. Wurde er aber nicht, weil die Stuttgarter die Situation falsch einschätzten.

Dem zweiten Rangers-Treffer – Darcheville verwandelte einen Elfmeter – gingen krasse Stellungsfehler von Ewerthon und Arthur Boka voraus und ein unglückliches Foul von Meira im Strafraum. Der Portugiese fühlte sich danach unangenehm an den letzten Ausflug ins Ibrox erinnert. Vor vier Jahren hatte der VfB hier nach einer Führung ebenfalls 1:2 verloren. „Die anderen sind nicht so gut, du denkst, du kannst hier einfach gewinnen und dann weißt du nicht, was du erzählen sollst“, wunderte sich der Kapitän.

Trainer Veh mühte sich, die Wiederholung der Geschichte als gutes Omen zu werten. 2003 kam Felix Magaths Mannschaft nach der Niederlage gegen die Rangers trotzdem weiter. Allerdings hatten sie es damals neben Manchester United auch mit Panathinaikos Athen zu tun, nicht mit Barcelona und dem französischen Dauermeister. Veh sagte: „Wir müssen fest daran glauben, dass Lyon in Griechenland liegt, vielleicht klappt es dann.“ Raphael Honigstein

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