zum Hauptinhalt
Pedale statt Kufen. Pechstein wurde bei der deutschen Meisterschaft Zehnte.Foto: dapd

© dapd

Sport: Kein Radweg nach London

Claudia Pechstein debütiert als Radfahrerin, Olympia liegt aber in weiter Ferne

Berlin - Als Claudia Pechstein von ihrem Fahrrad-Ausflug zurückkehrt, strahlt sie über das ganze Gesicht. Sie atmet zwar noch schwer, als Trainer Werner Otto ihr vom Rad hilft, die Freude der 39 Jahre alten Eisschnellläuferin nach ihrem ersten Rennen als Bahnradfahrerin ist aber nicht zu übersehen. Deutschlands erfolgreichste Winterolympionikin ist glücklich über ihren Start bei den deutschen Meisterschaften in der Verfolgung über 3000 Meter, sie hat ihre direkte Konkurrentin in der Zeit von 3:56,04 besiegt, am Ende wird sie Zehnte von 21 Starterinnen. „Ich habe einige hinter mir gelassen, das macht mich stolz“, sagt Pechstein ein paar Minuten nach dem Rennen, der Abdruck des Helms auf ihrer Stirn ist noch deutlich sichtbar. „Ich bin unter vier Minuten geblieben, das war mein Ziel. Ich bin rundum zufrieden, ein super Erfolg. Es hat sehr viel Spaß gemacht.“

Claudia Pechstein verpasst an diesem Donnerstag im Berliner Velodrom die Finals der besten vier Starterinnen – aber dabei geht es ihr beim ersten Rennen als Radfahrerin auch nicht. „Mir war vorher klar, dass ich hier nicht aufs Podium komme“, sagt sie. Pechstein hat zuvor gesagt, sie hoffe auf einen Platz im deutschen Team für die Mannschaftsverfolgung bei den Sommerspielen 2012 in London. Die Olympianorm des Bunds Deutscher Radfahrer verpasst sie gestern um 14 Sekunden, auch für Weltcup-Rennen kann sie sich nicht qualifizieren. „Ich habe absolut Respekt vor ihrer Leistung. Aber für internationale Aufgaben reicht dies natürlich nicht aus“, sagt Bundestrainer Thomas Liese. „Es gibt da keine Hintertürchen: Wer die Weltcups nicht fährt, kann sich auch nicht für Olympia qualifizieren.“

An der Ernsthaftigkeit ihres Engagements im Radsport hatten zuvor viele gezweifelt. Sucht sich Pechstein eventuell nach den scheinbar ewigen Diskussionen und Prozessen um ihr vermeintliches Dopingvergehen und ihr Dienstverhältnis als Bundespolizistin nur eine neue Plattform, um Aufmerksamkeit zu erzeugen? Gerade einmal acht Wochen hat Pechstein nach eigenen Angaben auf dem Rad trainiert, bei den Konkurrentinnen kamen ihre laut verkündeten Olympiapläne nicht gerade gut an. Eine Konkurrentin nannte ihr Vorhaben „frech“. Im Velodrom plätschern die Wettkämpfe vor rund 50 Zuschauern vor sich hin, Unruhe kommt erst auf, als Pechstein das Oval im Innenraum betritt. Sofort wird sie mit ihrem Lebensgefährten und ihrem Manager Ralf Grengel von Fotografen und Kameraleuten umringt. Pechstein zieht sich schnell in die Katakomben zurück, um ihre Ruhe zu haben.

Als sie wiederkommt, wird sie vom Publikum durchaus freundlich empfangen. Als sie zum siebten von elf Qualifikationsläufen die Bahn betritt, erhebt der Hallensprecher am Mikrofon seine Stimme und zählt ihre vielen Erfolge als Eisschnellläuferin auf. „Meine Damen und Herren“, richtet er das Wort an die Zuschauer, „sie will sich heute die Freude machen, in einer ganz anderen Sportart zu starten. Drüben auf der Gegengeraden: Claudia Pechstein.“ Die Angesprochene steigt beim Startschuss in die Pedale, kommt aber nur langsam in Tritt. Ihr Trainer sagt später, am Anfang des Rennens habe sie Zeit eingebüßt: „Das ist eine technische Sache, es ist nicht so leicht, aus einer Startmaschine loszufahren.“

Auch Claudia Pechstein gibt sich später selbstkritisch. „Beim Start ist noch mehr drin, meine Leistung ist sicher ausbaufähig, meine Reserven sind klar zu sehen“, sagt sie. Konkrete Vorstellungen, wie der Weg in Richtung London weitergehen könnte, hat sie nicht. Es sei eine Zeitfrage, wie sie das Radtraining mit dem Training auf dem Eis kombinieren könne. Nur eins, will Pechstein klarstellen: „Ich möchte das Thema Radsport nicht als Eintagsfliege abschließen, sondern es weiter ausbauen.“

Nach dem Rennen lockert Pechstein auf einem aufgebockten Fahrrad ihre Beine und spricht mit Reportern, die größtenteils ihretwegen gekommen sind. Sie verlangt nach einer Banane, ihr Lebensgefährte reicht ihr einen Rucksack, an dem eine kleine Plüschversion von Quatchi baumelt, einem der Olympia-Maskottchen für Vancouver 2010. Bei den Winterspielen vor einem Jahr war Pechstein gesperrt, auch die Londoner Maskottchen Wenlock und Mandeville dürfte sie kaum als Athletin kennenlernen. Das scheint sie auch selbst zu wissen. „Ich bin und bleibe Eisschnellläuferin“ sagt Claudia Pechstein. „Das ist klar.“ mit dpa

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false