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Hamburg, nein danke: Matthias Sammer bleibt Sportdirektor beim DFB.

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Update

Kein Wechsel: Sammer sagt HSV ab

Matthias Sammer fühlt sich nach eigenen Angaben vom Interesse des HSV geehrt. Dennoch bleibt er als Sportdirektor beim Deutschen Fußball-Bund.

Erst war er da, dann war er weg, und dann war er plötzlich wieder da. Nun bleibt er, und in der Verbandszentrale des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) geben die Herren des Fußballs unumwunden zu: „Das ist eine Überraschung.“ Matthias Sammer wollte und sollte sich am Freitag zu seiner Zukunft äußern. Nun verlängert er seine Gegenwart: Bis 2013 bleibt er Sportdirektor des Verbandes anstatt in gleicher Funktion zum Hamburger SV zu wechseln.

Bei der DFB-Präsidiumssitzung am Freitag in Frankfurt am Main schwebte die Personalfrage als Tagesthema im Raum, doch der zunächst anwesende Sammer äußerte sich nach Teilnehmerangaben nicht. Vielmehr hinterließ er den Eindruck, er wäge noch immer Pro und Contra des Angebotes aus Hamburg ab. Schließlich verließ der Umworbene frühzeitig den Tagungsraum, um ein paar klärende Telefonate zu führen und sich mit DFB-Präsident Theo Zwanziger und Generalsekretär Wolfgang Niersbach zu beraten. In den Tagungsraum kehrte er dann nur noch als überraschende Nachricht zurück: Matthias Sammer gab am Nachmittag bekannt, dass er beim DFB weitermacht. Der Hamburger SV, dessen Personalwunsch Anfang der Woche durchgesickert war, hat seiner scheinbar endlosen Sportdirektorensuche ein weiteres Kapitel hinzugefügt und steht ziemlich bedröppelt da.„Nach reiflicher Überlegung und vor dem Hintergrund, dass eine schnelle Stellungnahme gefordert war, bin ich zu dieser Entscheidung gekommen“, ließ Sammer wissen. Zu weiteren Nachfragen war er zunächst nicht zu erreichen.

Beim DFB war man dagegen froh über den unverhofften Coup. „Wir wollten eine schnelle Entscheidung von Matthias Sammer und freuen uns nun darüber“, sagte Wolfgang Niersbach dem Tagesspiegel. Auch der Generalsekretär hatte zuletzt den Eindruck gewonnen, dass Sammer hin und her gerissen war. „Nun kann er seine positive Arbeit hier fortsetzen.“ Ähnlich lobend und erleichtert äußerte sich DFB-Präsident Zwanziger.

Insbesondere der Verbandschef hatte von Sammer eine schnelle Entscheidung und eine „klare Aussage“ bis Freitag gefordert.  Sammer hatte 2006 auf Zwanzigers Initiative hin das Amt des Sportdirektors übernommen – unausgesprochen sollte er ein Gegengewicht zur Entourage von Bundestrainer Jürgen Klinsmann bilden. Nun wollte der HSV den ehemaligen Nationalspieler als neuen Macher holen. Das Interesse ehre ihn, ließ Sammer verlauten, „aber es warten beim DFB noch viele Aufgaben, auf die ich mich freue“.

So euphorisch hatte der eigenwillige und selbstbewusste Sachse nicht immer geklungen. Im DFB war Sammer zuletzt in internen Machtkämpfen unterlegen. Der für den Nachwuchs zuständige Sportdirektor konnte sich insbesondere im Streit um die Zuständigkeit für das U21-Nachwuchsteam nicht mit seinen Vorstellungen gegen Bundestrainer Joachim Löw durchsetzen. So hatte er vergeblich die Ablösung des erfolglosen U21-Trainers Rainer Adrion gefordert, der von Löw protegiert wird und im Zuge von dessen Vertragsverlängerung beim DFB gehalten wurde. Nach dieser Niederlage am Spielfeldrand war ein Wechsel von Sammer durchaus vorstellbar. „Hätte er um eine Freigabe gebeten, hätten wir ihn ziehen lassen“, gab Niersbach zu.

Sammer ist die Entscheidung sichtlich schwer gefallen. „Er war innerlich zerrissen“, berichten Vertraute. Beim HSV etwas Neues aufzubauen, hätte ihn sehr gereizt. Zudem lockte ein angeblich stattliches Gehalt. Andererseits wohnt seine Familie bei München und konnte einem Umzug offenbar nicht viel abgewinnen.

Wie berichtet hatte der HSV-Aufsichtsrat am Dienstag Sammer offiziell als Wunschkandidaten ausgerufen und auch öffentlich um ihn geworben. „Das ist nicht schön, das ist bitter“, sagte Aufsichtsratsmitglied Horst Becker. Der bei vielen Fans umstrittene Vorstandschef Bernd Hoffmann, der mit dem Coup wohl auch seine eigene Vertragsverlängerung absichern wollte, gerät nun in Erklärungsnot. „Wir sagen aktuell nichts dazu“, erklärte er wenige Stunden vor dem Bundesligaspiel gegen Eintracht Frankfurt (nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe beendet).

Im Deutschen Fußball-Bund ist Sammers Position durch seinen Nicht-Wechsel eher gestärkt als geschwächt. Hier lobten am Freitag alle seine hervorragende Nachwuchsarbeit. Mit dieser hatte sich Sammer in der öffentlichen Wahrnehmung und in Planspielen wichtiger Funktionäre immer wieder als Bundestrainer-Ersatzkandidat angeboten – insbesondere als es zum Krach mit Bundestrainer Joachim Löw um dessen Vertrag kam. Dieses Szenario ist allerdings längst hinfällig angesichts der sportlichen Erfolge unter Löws Leitung und seiner gestärkten Position im Verband.

Es könnte also sein, dass Sammer bei einem nächsten Angebot wieder ins Grübeln kommt. Es müsste jedoch noch besser sein als die Aussicht, der neue starke Mann beim Hamburger SV zu werden.

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