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Sport: Keine Ideen, keine Tore

Beim 0:0 gegen Lettland enttäuschen die deutschen Fußballer – nun müssen sie gegen Tschechien siegen

Zehn Minuten vor dem Schlusspfiff hielt es Rudi Völler nicht mehr aus. Laut schreiend und wild gestikulierend sprang der Teamchef der deutschen Nationalmannschaft von seiner Trainerbank auf und brüllte auf seine Spieler ein. So entfesselt rannte Völler in Porto im Spiel gegen Lettland an der Außenlinie entlang, dass er von einem Verantwortlichen des europäischen Fußballverbandes Uefa zur Ordnung gerufen werden musste. Der Einsatz des Trainers brachte den deutschen Fußballern in ihrem zweiten Spiel bei der Europameisterschaft nichts ein. Am Ende mussten sie sich gegen die Außenseiter aus dem Baltikum mit einem 0:0 begnügen. „Wenn man kein Tor erzielt, kann man nicht gewinnen“, bilanzierte Völler enttäuscht. Um ins Viertelfinale zu kommen, müssen die Deutschen nun am Mittwoch gegen Tschechien gewinnen.

Nach dem guten Auftakt beim 1:1 gegen die favorisierten Niederlande brachten sich die Deutschen vor 22 300 Zuschauern am Samstag um eine bessere Ausgangsposition. Die Letten, die mit zwei Viererketten ihre Abwehr rund um den Strafraum verstärkt hatten, feierten das Unentschieden ausgelassen wie einen Sieg. Die Spieler herzten vor allem Torwart Aleksandrs Kolinko, der mit Übersicht ein Tor verhindert hatte.

Über die gesamte Spielzeit entwickelten die Deutschen zu wenige Ideen, um den massiven lettischen Abwehrverband zu überraschen. In den ersten 20 Minuten kam die Mannschaft, die mit Fredi Bobic im Sturm verstärkt worden war, kaum ins Spiel. Vielen Profis fehlte die Bereitschaft, mit schnellem Lauf- und Passsspiel die Letten zu Fehlern zu verleiten. Von den Außenpositionen gab es kaum verwertbare Zuspiele. Abgesehen vom guten Philipp Lahm vermochte es kein Spieler, präzise ins Sturmzentrum zu flanken. Stattdessen behalf sich Völlers Team notdürftig mit Schüssen. Der im Gegensatz zum ersten Spiel defensiver agierende Regisseur Michael Ballack setzte nach einer guten halben Stunde den Ball aus 25 Meter Entfernung knapp neben das Tor. Kurz darauf war auch Stürmer Kevin Kuranyi erfolglos. Die beste Chance in der ersten Halbzeit hatten aber die Letten, als ihr Angreifer Maris Verkapovskis mit dem Ball am Fuß von der Mittelllinie bis in den deutschen Strafraum lief, dabei vier deutsche Abwehrspieler hinter sich ließ und erst an Torwart Oliver Kahn scheiterte.

Nach der Halbzeitpause versuchte Völler, mit einigen Umstellungen den Druck zu erhöhen. Die Hereinnahme des 19 Jahre alten Bastian Schweinsteiger für den auffällig schwachen Bernd Schneider brachte zwar Bewegung ins Offensivspiel, doch Schweinsteiger suchte zu oft den eigenen Torschuss anstatt einen besser postierten Mitspieler. Und so sprangen für die Deutschen nur zwei bedingt zwingende Torchancen heraus: ein Schuss von Torsten Frings, der nach einer knappen Stunde knapp am Tor vorbeistrich, und ein Freistoß von Ballack, den Torwart Kolinko abwehrte. An Ideen mangelte es den Deutschen bis zum Schluss – auch in der Abwehr. Christian Wörns riss den lettischen Angreifer Verpalovskis im eigenen Strafraum um; der fällige Elfmeterpfiff blieb allerdings aus. Die lettische Abwehr in solche Schwierigkeiten zu bringen, gelang den Deutschen trotz zwei Dritteln Ballbesitz nicht – bis zur Nachspielzeit.

Geduld hatte Rudi Völler vor dem Spiel von seinem Team gefordert. Fast wäre diese Taktik trotz eines schwachen Auftretens noch von Erfolg gekrönt worden. In der 92. Minute brachte der beste Deutsche, Philipp Lahm, den Ball in den Strafraum, und der für Bobic eingewechselte Stürmer Miroslav Klose stand plötzlich allein vor dem lettischen Tor. Doch Klose köpfte das Spielgerät aus sechs Metern daneben. Völler reagierte darauf fassungslos. Wieder schrie er herum, wieder fuchtelte er mit den Händen wild durch die Luft. Doch von seiner Bank bewegte er sich nicht mehr weg.

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