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Sport: Keine Lust auf Schönheit

Mit defensivem Spiel erreicht Italien ein 0:0 in Oslo

Auch glanz- und torlose Unentschieden können wertvoll sein. Das war auch Marcello Lippi klar, der nach dem 0:0 der von ihm trainierten italienischen Fußball-Nationalmannschaft in Norwegen ins Philosophieren kam. „Es gibt Unentschieden und Unentschieden. Dieses gefällt mir“, sagte der 57 Jahre alte Toskaner. Im Osloer Stadion Ullevaal schaffte seine Mannschaft mit einer minimalistischen Haltung das gewünschte Resultat gegen den ärgsten Tabellenkonkurrenten. Langsam, aber beharrlich nähert sich so das italienische Team der Weltmeisterschafts-Endrunde in Deutschland. Sie führt nun mit 13 Punkten die Gruppe 5 an – mit vier Punkten Vorsprung vor Norwegen und Slowenien. Verfolger Slowenien kam nämlich nicht über ein 1:1-Unentschieden in Weißrussland hinaus. Auch dieses Resultat dürfte Lippis These von den verschiedenartigen Unentschieden bestätigen.

Lippi wirkte jedenfalls äußerst zufrieden, als er das Spiel der Italiener kommentierte: „Wir waren eine echte Mannschaft.“ Über weite Strecken waren die Azzurri zwar vom athletischen Spiel der Norweger in die Defensive gedrängt worden. Der norwegische Trainer Åge Hareide, der das ganze Spiel hindurch an der Außenlinie wild gestikulierte und seiner Mannschaft präzise Anweisungen gab, setzte jedoch nur einen echten Stürmer ein. John Carew kämpfte dann eifrig, hatte aber gegen den ausgezeichnet spielenden Abwehrcatenaccio der Italiener nur eine echte Torchance.

In den Augen von Marcello Lippi hätte ein Sieg in Norwegen ein Matchball sein können für die endgültige WM-Qualifikation. Dafür hatte der Startrainer auf Fußballgrößen wie Alessandro Del Piero und Francesco Totti verzichtet, was von den Spielern wie eine Majestätsbeleidigung aufgefasst wurde. Lippi hatte sie nicht einmal für das Aufgebot nominiert. Sie seien zu formschwach, ließ Lippi verlauten, und er könne in einem kampfbetonten Spiel gegen die Norweger die erlesenen Filigrantechniker nicht gebrauchen.

Stattdessen setzte der Nationaltrainer auf das Angriffsduo Christian Vieri/Antonio Cassano. Die in ihren Klubs als Rebellen verschrienen Stars lieferten eine insgesamte dürftige Vorstellung ab. Vieri hatte nur in der 52. Minute eine sehenswerte Aktion, als er kurz vor der Strafraumgrenze knapp übers Tor schoss. In der 55. Minute musste der 31-Jährige wegen einer Oberschenkelzerrung ausgewechselt werden. Lippi nahm kurz danach Antonio Cassano ebenfalls vom Platz. Auch der Stürmer, der beim AS Rom als launische Diva gefürchtet ist, enttäuschte. Cassano setzte sich auf dem schweren Boden des Stadions nur selten in Szene.

Lippi weiß, wie schlecht Hochmut bei den Tifosi ankommt. Deshalb wählt er sorgsam seine Worte aus. „Trotz dieses guten Ergebnisses haben wir uns noch nicht für die Endrunde in Deutschland qualifiziert“, sagte er und fügte hinzu: „Wir haben erst die Hälfte unseres Werkes vollbracht.“ Auch Untertreibung scheint ihm im Kampf um die WM-Teilnahme ein geeignetes Mittel zu sein.

Vincenzo Delle Donne[Udine]

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