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Sport: Keine Macht den Stürmern

Hertha, Freiburg und die Probleme in der Offensive

Berlin - Es ist nicht schwierig, Volker Finke aus der Ruhe zu bringen. Man muss den Trainer des SC Freiburg nur auf die Offensivschwäche seiner Mannschaft ansprechen und ihn fragen, warum er keinen richtigen Torjäger verpflicht hat. Solche Fragen mag Finke besonders gern. Der Freiburger Trainer besitzt eine Abneigung gegen traditionelle Mittelstürmer, die im Strafraum herumlümmeln und nichts anderes im Sinn haben, als Tore zu schießen. „Es ist unwichtig, wer die Tore schießt“, sagt der Freiburger Trainer dann. Immerhin, der beste Torschütze in dieser Saison, Regis Dorn, ist Stürmer. Er hat schon zwei Tore erzielt.

Wenn Hertha BSC heute in Freiburg spielt, treffen die beiden offensivschwächsten Mannschaften der Fußball- Bundesliga aufeinander. Hertha hat in zehn Spielen zehn Tore erzielt, der Sportclub nur neun. Die Probleme sind ähnlich, nur dass man in Freiburg nicht von Problemen sprechen würde. Auch Volker Finke lässt wie auch Herthas Trainer Falko Götz seine Mannschaft mit einem spielstarken Mittelfeld antreten und bietet lediglich einen echten Stürmer auf – aber er tut es aus Überzeugung.

Finkes Abneigung gegen ein System, das auf einen Mittelstürmer zugeschnitten ist, hat gewissermaßen historische Gründe. Der Holländer Harry Decheiver spielte in den Neunzigern in Freiburg, schoss dabei so viele Tore, dass die lustige Fußballshow „Ran“ für ihn den unsäglichen Ausdruck „Knipser“ erfand. Doch Decheiver brachte am Ende Finkes System derart durcheinander, dass die Mannschaft in die Zweite Liga abstieg.

Hertha spielt in dieser Saison ähnlich wie Freiburg – allerdings mehr aus der Not geboren. Wenn das laufintensive Kurzpassspiel durchs Mittelfeld funktioniert wie beim 3:1 gegen Leverkusen, ist es für die Gegner in hohem Maße verwirrend und deshalb offensiv erfolgreich. Wenn jedoch alles zur Mitte drängt und nur der Ball läuft wie bei der Niederlage gegen Borussia Dortmund, bekommen die Berliner Angreifer nicht einmal Chancen, die sie vergeben können.

Doch obwohl Hertha „drei exzellente Stürmer“ (Manager Dieter Hoeneß) respektive „drei Top-Stürmer“ (Trainer Falko Götz) hat, blieb die Mannschaft nun zum zweiten Mal hintereinander und zum vierten Mal insgesamt in dieser Saison ohne Tor. Immerhin wird Fredi Bobic trotz seiner Fersenverletzung heute wohl spielen können. Er ist Herthas einziger Stürmer, der überhaupt getroffen hat. Die Rufe nach einer Verstärkung für den Angriff werden immer fordernder. Gestern hat die „Bild“-Zeitung Hoeneß aufgefordert, bei Giovane Elber anzurufen. Der 32 Jahre alte Stürmer steht in Lyon unter Vertrag und wird bis Dezember wegen eines Wadenbeinbruchs nicht spielen können, hat aber gerade wieder sein Interesse an einem Wechsel nach Berlin kundgetan.

„Wir haben genaueste Informationen, was sich auf dem Markt bewegt“, sagt Hoeneß. „Aber gegenwärtig beschäftigen wir uns mit diesem Thema nicht.“ Wohl auch deshalb nicht, weil die Bewegung auf dem Markt nicht allzu intensiv ist. Ein neuer Angreifer könnte ohnehin erst in der Rückrunde spielen. „Wir haben keine großen Rückstellungen, um im Winter noch einmal investieren zu können“, sagt Herthas Manager. Allerdings fragen sich viele, warum die Berliner ihr Geld nicht schon im Sommer in einen Stürmer gesteckt haben. Die Probleme sind schließlich nicht neu. Fredi Bobic, Artur Wichniarek und Nando Rafael haben auch in der vorigen Saison lediglich 14-mal getroffen. Trotzdem hat sich die sportliche Führung entschieden, das Mittelfeld zu verstärken. Dazu steht Manager Hoeneß immer noch: „Das Problem im Sturm lösen wir nicht durch einen Transfer.“

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