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Der Aufgabe nicht gewachsen. Aydinlar kapituliert vor dem Betrugsskandal.Foto: Reuters

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Sport: Keine Ordnung im Chaos

Präsident des türkischen Fußballverbands gibt auf.

Mehmet Ali Aydinlar hat geschafft, was in der Türkei kaum noch jemand für möglich gehalten hätte: Er hat das Chaos in der türkischen Fußballszene, in der wegen des größten Bestechungsskandals in der Geschichte des Landes ohnehin schon erhebliches Durcheinander herrschte, noch einmal gesteigert. Nur 24 Stunden, nachdem Aydinlar als Präsident des nationalen Fußballverbandes TFF Anfang der Woche erklärt hatte, er bleibe trotz aller Probleme bei der Aufarbeitung des Skandals im Amt, gab er überraschend seinen Posten auf. Auch seine beiden Stellvertreter räumten das Feld. Kurz vor dem Beginn des Strafprozesses wegen des Bestechungsskandals am 14. Februar wird damit deutlich, dass Verband und Vereine unfähig sind, ihr Haus selbst Ordnung zu bringen.

Niemand wirft Aydinlar eine Verwicklung in den Skandal vor. Der wohlhabende Gründer einer privaten Krankenhauskette hatte sein Amt als Verbandschef erst am 29. Juni des vergangenen Jahres angetreten. Wenige Tage später ließ die Istanbuler Staatsanwaltschaft mehrere Dutzend Funktionäre, Trainer und Spieler türkischer Spitzenklubs wegen des Verdachts auf Bestechung und Bestechlichkeit festnehmen. Im Mittelpunkt des Skandals steht Aziz Yildirim, Vereinspräsident des amtierenden Meisters Fenerbahce Istanbul, der seinem Klub mit Bestechungszahlungen in der vergangenen Saison den Titel gesichert haben soll. Yildirim, der prominenteste der insgesamt mehr als 90 Beschuldigten, weist die Vorwürfe zurück.

Statt seine unbelastete Position zu nutzen, um dem Skandal energisch auf den Grund zu gehen, agierte Aydinlar zögerlich und schwach. Kurz nach den Festnahmen erklärte der TFF, er müsse sich dem Druck des europäischen Dachverbandes Uefa beugen und Fenerbahce aus der Champions League zurückziehen.

Fenerbahce reichte daraufhin Klage ein gegen den TFF und die Uefa vor dem Internationalen Sportgerichtshof. Nun erklärte ein türkischer Vertreter bei dem Gericht, die Uefa habe Aydinlars Verband die Entscheidung über die Teilnahme von Fenerbahce überlassen. Als diese Stellungnahme bekannt wurde, trat Aydinlar zurück. „Es ist ein Riesenschlamassel“, ließ sich ein ungenannter Regierungsvertreter in der Presse zitieren.

Der Ruf der UEFA nach rascher Bestrafung der in den Skandal verwickelten Vereine verhallt derweil ungehört. Fenerbahce und andere Klubs wollen zunächst das anstehende Gerichtsverfahren abwarten. Doch das kann dauern. Der eigentliche Prozess dürfte Monate in Anspruch nehmen, mit möglichen Berufungsverfahren nach einem Urteil könnte sich der Rechtsstreit über Jahre hinziehen.

Niemand weiß so genau, wie es weitergehen soll. Was geschieht, wenn Fenerbahce wieder Meister wird, der Verein vor Gericht aber als Übeltäter überführt wird? Derzeit liegt Fenerbahce nur drei Punkte hinter Galatasaray auf Platz zwei der Liga. Am 27. Februar soll Aydinlars Nachfolger als Verbandschef gewählt werden. Dass sich unter der neuen Führung viel ändern wird, glaubt niemand.

Während Verband und Vereine in der Türkei schmerzhafte Schritte scheuen, könnten auf europäischer Ebene bald Konsequenzen gezogen werden. Die Uefa hat kein Interesse daran, das Ansehen von Champions League oder Europa League durch die Teilnahme von skandalumwitterten Vereinen aus der Türkei aufs Spiel zu setzen. Der Dachverband warnt deshalb, türkische Vereine könnten von künftigen europäischen Wettbewerben ausgeschlossen werden.

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