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Sport: Kettenreaktion

Profis locken Profis – bei Tasmania Gropiusstadt tut sich was

Von Karsten Doneck

Manche Spielertransfers im Fußball kommen über recht verschlungene Wege zustande. Und ohne Kontakte geht sowieso nichts. Seit ihren gemeinsamen Tagen als Profis von Hertha BSC ist der einstige Stürmer Axel Kruse, der Erfahrene, für Christian Fährmann, den Unerfahrenen, als Berater tätig. Fährmann hat gerade einen dramatischen, seinem Können nach sicher nicht verdienten sportlichen Abstieg hinter sich. Zuletzt gehörte er dem Zweitligakader des 1. FC Union an, war aber bei Trainer Georgi Wassilew nahezu chancenlos. Da hat er kurzerhand die Seiten gewechselt, und ist – in Ermangelung anderer Angebote – in der Fünftklassigkeit gelandet. Tasmania Gropiusstadt heißt sein jetziger Verein.

Kaum dort angekommen, lässt Fährmann auch schon seine Kontakte spielen: Er versucht derzeit, Axel Kruse zum aktiven Mitmachen bei den Tasmanen zu bewegen. Kein völlig abwegiger Gedanke offenbar. Fährmann hat im Verein berichtet, dass Kruse sehr wohl wieder Lust auf Fußball verspüre, es braucht mithin nur noch ein bisschen mehr Überredungskunst. Kruse spielt derzeit bei den Berlin Thunder American Football.

Kruse, Fährmann und noch ein paar bekannte n aus dem Profifußball – es tut sich etwas beim Verbandsliga-Aufsteiger Tasmania. Jens Tschiedel, Unions früherer Libero, wurde auch schon im Stadion Neukölln gesichtet, Interesse besteht zudem am früheren Herthaner Hasan Vural. Höherklassig erfahrene Spieler wie Abdou-Rahman Njie (VfL Osnabrück) und Goya Jaekel (ehemals Hertha BSC) haben längst bei den Neuköllnern angeheuert.

SC Tasmania, 1900 gegründet, war 1966 mit einem katastrophalen Punktverhältnis von 8:60 und nur 15 Toren aus 34 Spielen, dafür aber 108 Gegentoren aus der Bundesliga abgestiegen. Spieler wie Klaus Basikow, Peter Engler und Horst Szymaniak, der immerhin 43 Länderspiele für Deutschland bestritt, konnten den blamablen Auftritt in der höchsten Spielklasse nicht verhindern. Nach dem Abstieg folgte der Absturz, auch in finanzieller Hinsicht. Der Verein wurde in der Liga-Hierarchie bis ganz nach unten durchgereicht, schließlich sogar aufgelöst. Aus Tasmania 1900 wurde nach der Neugründung erst Tasmania 73, später dann Tasmania Gropiusstadt.

Dieser Klub scheint nun also in einen Geldregen geraten zu sein. Wie sonst wäre die Verpflichtung der vielen Ex-Profis möglich? „Die Mannschaft spielt bei uns für fast gar nichts“, entgegnet Mittelfeldspieler Manuel Cornelius, einer, der bei Tennis Borussia auch schon mal in die Regionalliga hineinschnupperte und später dicht vor einem Vertrag bei Rot-Weiß Essen stand. Cornelius behauptet, dass bei Tas eine Art Kettenreaktion stattfindet: Ein bekannter Spieler lockt den nächsten, und die zwei dann den dritten und so weiter. Im Kader steht rund ein Dutzend Spieler, die mal bei Tasmania die Jugend durchlaufen haben, sich gerne daran zurückerinnern und für die damals genossene Ausbildung etwas zurückgeben möchten.

Idealismus pur? Was trotzdem gezahlt werden muss, übernehmen zwei namhafte Wohnungsbaugesellschaften. Die haben sich bis 2005 an Tasmania Gropiusstadt gebunden. Klar, der Aufstieg für die Mannschaft ist ein Muss. Aus sportlichen Gründen, weil die Mannschaft so stark ist, nicht unbedingt aus finanziellen Erwägungen. Auf die Verbandsliga folgt die Oberliga, und „die hat nicht viel mehr Niveau als die Verbandsliga, nur die Reisen sind weiter“, sagt Manuel Cornelius. Vielleicht klappt es ja wirklich mit dem Aufstieg. Zum Auftakt gewann Tasmania 4:3 gegen Hertha Zehlendorf.

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