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Kevin-Prince Boateng: Vorsätzliche Körperverletzung

Früher war Kevin-Prince Boateng so sehr in den Ball verliebt, dass er ihn zum Ärger seiner Kollegen am liebsten vom Rasen mit ins Bett genommen hätte. Heute braucht er den Ball gar nicht mehr.

Als Kevin-Prince Boateng vor ein paar Jahren zwecks Eroberung der Fußballwelt nach Tottenham zog, war sein Ruf schon da. Hart und cool und schwierig, Ghetto-Kid halt, einer, der im Leben nur die Alternative hatte: Fußballprofi oder Drogendealer. Die alten Kollegen bei Hertha haben darüber ein wenig gelacht. In ihrer Wahrnehmung war der vom Boulevard zum „Prinz von Berlin“ gekrönte Boateng ein verwöhntes Blag, das mit reichlich Tattoos den starken Mann markieren wollte und in der Kabine heulte, wenn der Trainer falsch ausgewechselt hatte (nämlich ihn). Ein paar Londoner Fans sind dann mal nach Berlin gefahren, um ein Video über das Boateng-Ghetto Wedding zu drehen. Was sie fanden, waren Straßen, die nach Londoner Maßstäben als gutbürgerlich durchgingen. „What a nice Ghetto!“, hieß es im Kommentar auf Youtube.

Das war im August 2007, und seitdem hat Kevin-Prince Boateng hart daran gearbeitet, sein Wesen seinem Image anzupassen. Früher war er so sehr in den Ball verliebt, dass er ihn zum Ärger seiner Kollegen am liebsten vom Rasen mit ins Bett genommen hätte. Heute braucht er den Ball gar nicht mehr. Die Zeit in London nutzte er bevorzugt zum Stechen neuer Tattoos, von seinem Abstecher nach Dortmund sind nur die brutalen Tritte gegen den Münchner Klose und den Wolfsburger Hasebe in Erinnerung, und die Attacke in Diensten des FC Portsmouth gegen Ballack kommentiert sich selbst.

Es geht dabei weniger um die wahrscheinlich unsinnige Unterstellung, Boateng habe im Vorgriff auf die WM eine Auftragsarbeit seiner neuentdeckten Heimat Ghana ausgeführt. Es geht um Selbstverständnis und Berufsauffassung eines mit allen Gaben gesegneten Fußballspielers. Was Kevin-Prince Boateng auf dem Rasen von Wembley exekutiert hat, erfüllt den Tatbestand vorsätzlicher Körperverletzung. Wehmütig denkt man zurück an den Weddinger Jungen, der so schwer in den Ball verliebt war und so gern ein hartes Ghettokid gewesen wäre.

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