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Sport: Klassenkampf auf Spanisch

30 von 42 Fußball-Profiklubs drohen mit Streik

Die Lage ist ernst. Am nächsten Samstag soll in Spanien die neue Fußballsaison angepfiffen werden. Doch noch herrscht Klassenkampf. Etwa 30 der in der Profiliga (LFP) organisierten 20 Erst- und 22 Zweitligisten drohen mit Streik, falls ihnen nicht noch ordentlich Geld für Fernsehrechte auf den Tisch gelegt wird. Dies fordern jedoch hauptsächlich Vereine, deren Mannschaften kaum jemand sehen will. Doch das ist nicht der einzige Grund, weshalb die Boykott-Ankündigung nicht sonderlich ernst genommen wird.

Begonnen hat der Konflikt bereits im letzten Mai kurz vor dem Ende der Saison 2002/03. Die 42 LFP-Mitglieder haben insgesamt fast zwei Milliarden Schulden angehäuft. Für etliche von ihnen ist der Konkurs unabwendbar, wenn nicht rasch neue Gelder fließen. Da traf es sich gut, dass Ende Juni der vor fünf Jahren abgeschlossene TV-Vertrag mit der Firma Audivisual Sport auslief, der allen Vereinen zusammen pro Saison zwischen 216 und 246 Millionen Euro einbrachte. Für den neuen Vertrag verlangte die LFP jetzt pro Saison 330 bis 360 Millionen Euro. Die bisherigen Rechteinhaber boten 270 Millionen – inklusive jener 120 Millionen, die sich Real und Atletico Madrid sowie der FC Barcelona mit individuellen Verträgen inzwischen gesichert hatten, die bis 2008 gültig sind.

Also kündigten die besonders klammen Zweitligisten gemeinsam mit den schmalbrüstigen Erstligisten wie etwa Celta de Vigo oder Saragossa erst mal an: Ohne befriedigenden TV-Vertrag werde der Spielbetrieb nicht gestartet.

Die Spielergewerkschaft drohte ihrerseits mit Streik, weil 80 Prozent der Klubs ihren Profis die Gagen nicht pünktlich überweisen. Die rückständigen Gehälter hatten sich in den letzten beiden Jahren jeweils verdoppelt und waren bei 45 Millionen Euro angelangt.

Bezahlt sind alle diese Rückstände noch lange nicht – aber irgendwie gelang es, die Kicker von einer solidarischen Aktion abzubringen. Und auch die Verweigerungsfront der Klubs schmolz in der Sommerhitze. Nach den genannten drei Großen zogen neun weitere Vereine Einzelverträge an Land. Für alle anderen wurden nun im Paket von Sogecable, dem einzigen verbliebenen Pay-TV-Anbieter, 84 Millionen Euro angeboten. Das sind nur sechs Millionen weniger, als die Vertragslosen als Minimum gefordert hatten.

Trotzdem beriefen sie für letzten Freitag eine LFP-Sondersitzung ein, um einen Streikbeschluss zu fassen. Am Tag zuvor hatten sich freilich schon die Vertragsinhaber darauf geeinigt, diese Sitzung zu boykottieren und in jedem Fall wie vorgesehen mit der spanischen Meisterschaft zu beginnen.

Wenn nicht doch noch eine Einigung zustande kommt, wird die der Regierung unterstehende oberste Sportbehörde (CSD) darüber zu befinden haben, ob die LFP-Sitzung vom vergangenen Freitag überhaupt beschlussfähig war. Die Politiker sind nicht immer gut auf die Vereine zu sprechen: Die LFP-Mitglieder stehen bei den Finanzämtern mit knapp 290 Millionen in der Kreide und sind darauf angewiesen, dass ihnen diese Schulden langfristig gestundet – und dann vielleicht irgendwann stillschweigend erlassen werden. Zudem dürfen sie hoffen, pro Jahr knapp fünfzig Millionen Euro mehr als bisher an Toto-Mitteln zu bekommen.

Harald Irnberger

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