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Sport: Klassenkampf der Langen

Die Basketball-Nationalspieler streiken – wenn die Quote für Deutsche nicht erhöht wird

Wenn alles dumm läuft, macht Pascal Roller am Sonntag eines von noch maximal fünf Basketball-Spielen in dieser Saison. Eigentlich sollte der Aufbauspieler, der nach einer überragenden Saison seine Opel Skyliners erneut in die Bundesliga-Finalspiele gegen GHP Bamberg führte (16 Uhr, live auf Premiere), auch bei der Europameisterschaft in Serbien und Montenegro (16. bis 25. September) spielen. Doch die Teilnahme der deutschen Mannschaft um NBA-Star Dirk Nowitzki ist in Gefahr. Zumindest dann, wenn die Basketball-Bundesliga GmbH (BBL) nicht auf die Forderung nach einer Erhöhung der Quote für deutsche Spieler eingeht, die in einem Brief von Gewerkschaftsvertreter Walter Palmer an Liga-Chef Jan Pommer steht. In diesem Fall will die Nationalmannschaft streiken.

„Meine persönlichen Interessen stelle ich da hintenan“, sagt Roller. „Ich mache das, was die Spielergewerkschaft beschließt. Wenn das heißt, wir streiken – streike ich. Jetzt ist der Zeitpunkt zu handeln.“ Sein direkter Gegenspieler am Sonntag, Bambergs Steffen Hamann, wird Roller zumindest in diesem Punkt nicht behindern. „Ich stehe voll hinter der Aktion“, sagt Hamann. Seit die BBL Ende Mai bekannt gab, den Spielermarkt ab der Saison 2005/06 unbegrenzt für Profis aller Nationen freizugeben, geht es in einem passwortgeschützten Forum im Internet hoch her. Hier formieren sich die Nationalspieler zu einer geschlossenen Einheit wie sonst nur bei großen Turnieren. „Über die Öffnung des Marktes kann man diskutieren“, sagt Denis Wucherer. „Doch die Auflage, nur einen deutschen Spieler auf die Bank zu setzen, ist für mich ein Schritt zurück und das falsche Signal.“

Bei der alten Regelung kamen in der laufenden Spielzeit im Durchschnitt fast drei Deutsche pro Spiel zum Zuge. Im kommenden Jahr reicht laut der neuen Regelung ein Einziger auf dem Spielberichtsbogen. Erst 2009/10 sind nach einer schrittweisen Erhöhung vier Deutsche pro Partie Pflicht, bei geöffnetem Spielermarkt. „Da hätte ich mir eine forschere Herangehensweise gewünscht“, kommentiert Roller. Während die Öffnung des Marktes durch die Uleb, den Verband europäischer Topligen, initiiert wurde, beschreitet die BBL dennoch einen Sonderweg. In Italien müssen im nächsten Jahr sechs Italiener eingesetzt werden, in Spanien sind es vier Spanier – selbst in Griechenland genießt der Schutz einheimischer Spieler höhere Priorität als hierzulande.

Bisher sieht BBL-Geschäftsführer Pommer einem drohenden Streik gelassen entgegen. Der Forderung der Gewerkschaft nach einem aktiven Mitspracherecht und einer Anhebung der Quote auf mindestens vier Deutsche erteilte er eine Absage. „Dafür sind wir arbeitsrechtlich nicht zuständig“, sagt Pommer. Dass es den Nationalspielern nicht nur um Konfrontation geht, zeigen die Aktionen der Vergangenheit: Im Dezember bedruckten einige Teams ihre Trikots mit Tannenbäumen, um ihrem Begehren nach einer Spielpause an Weihnachten Nachdruck zu verschaffen. Beim BBL-All-Star-Day stellten Roller und der Berliner Mithat Demirel das Spielen ein und warfen sich in den ersten Minuten demonstrativ den Ball zu. Auch hier ging es darum, als Gewerkschaftsmitglieder ernst genommen zu werden.

„Es ist bestimmt nicht damit getan, dass die BBL eine höhere Quote einführt“, sagt Pascal Roller. „Doch dadurch erhoffe ich mir eine Signalwirkung, die auch Einfluss auf die unteren Ligen hat.“ Auch Alba Berlins Vizepräsident Marco Baldi will das Problem bei den Wurzeln packen. „Wir brauchen mehr gute deutsche Spieler, da sind wir uns einig. Doch dafür müssen wir an der Basis ansetzen und die BBL-Klubs zur Jugendarbeit verpflichten.“

Vielleicht macht ja ein Vorschlag von Denis Wucherer Schule. „Es geht nicht um mehr Geld“, sagt der Nationalspieler. „Ich bin bereit, als Pate eines jungen Spielers täglich mehr Arbeit zu leisten, wenn das etwas bringt.“ Wenn nicht, droht ein Streik, der nicht nur Pascal Rollers Saisonplanung nachhaltig stören könnte.

Martin Fünkele[Köln]

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