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Sport: Kleine Vision statt große Illusion

Das Pokalhalbfinale gegen den FC Bayern weckt in Bielefeld große Träume – doch wohl nur für einen Tag

Berlin - Als er gehört hat, dass es um einen deutschen Traditionsklub geht, hat Elton John sofort zugesagt. Arminia Bielefeld wird in diesem Jahr 100 Jahre alt, dafür hat der Fußballfan und Weltstar seinen eigentlich schon feststehenden Tournee-Daten ein Konzert auf der Bielefelder Alm hinzugefügt. Elton John kommt im Juli und feiert, so hoffen sie in Bielefeld, zusammen mit den Fans nicht nur das Vereinsjubiläum. DFB-Pokalsieger würde der Außenseiter, der heute Abend (20.30 Uhr, live im ZDF) Bayern München empfängt, dann gerne sein. Oder zumindest im Uefa-Cup spielen, wenn das Finale in Berlin erreicht wird und der Gegner in der Champions League spielt. „100 Jahre, 7 Aufstiege, 1 Finale?“ steht auf der aktuellen Ausgabe des Stadionmagazins „Halbvier“, das ab heute verkauft wird. Das Pokalfinale in Berlin ist ein Traum, schon das Erreichen des Halbfinales gegen den FC Bayern ist nicht nur für den Präsidenten Hans-Hermann Schwick der „größte Erfolg in der Vereinsgeschichte“. Weiter als bis in das Achtelfinale hatte es die Arminia zuvor noch nie geschafft.

Ein weiterer Sieg gegen den FC Bayern, so wie beim 3:1 in der Bundesliga im Februar, würde dem Verein neue Möglichkeiten eröffnen. Von einer „Jahrhundertchance“ spricht Roland Kentsch, der Finanz-Geschäftsführer. Auch Präsident Schwick, der dem Verein seit nunmehr 15 Jahren vorsteht und am Montagabend auf der Mitgliederversammlung im kleinen Saal der Bielefelder Stadthalle für drei weitere Jahre gewählt wurde, erhofft sich ein Ende jener Kontinuität, die in Bielefeld aus dem dauernden Leben zwischen den Ligen besteht: „Ich hoffe, dass wir endlich den Teufelskreis durchbrechen und länger in der Bundesliga bleiben können.“

Die Hoffnung auf Einnahmen aus dem internationalen Geschäft weckt bei einigen sogar größere Träume von einer Arminia, die sich in Zukunft über eine vordere Platzierung in der Bundesliga für höhere Wettbewerbe qualifiziert. „Das ist eine Illusion, an die wir gar nicht denken. Wir haben aber eine konkrete Vision“, sagt Thomas von Hessen, der Geschäftsführer für den sportlichen Bereich. Von Heesen hat selbst für die Arminia in den Jahren 1994 bis 1999 gespielt, als der Klub in die Regionalliga abgerutscht war und doch wieder in die Bundesliga zurückkehrte. „Aus den Jahren davor fehlen uns ein bis zwei Generationen an Fans, die sich anders orientiert haben“, sagt von Heesen. „Zudem haben wir strukturell keine Möglichkeit, hier unsere Zuschauer- oder Sponsoreneinnahmen in größeren Sprüngen zu steigern.“

Die Vision der Ostwestfalen besteht darin, den derzeit erreichten Status zu halten und den bisherigen elf Bundesligajahren einmal mehrere hintereinander am Stück folgen zu lassen. Die Chancen dafür stehen aber schon für die kommende Saison nicht so gut, obwohl Trainer Uwe Rapolder am Wochenende versicherte, noch mit keinem anderen Verein verhandelt zu haben. Rapolder ist maßgeblich verantwortlich für den sportlichen Aufschwung, mit ihm stieg Arminia auf und sicherte dann in dieser Saison frühzeitig den Klassenerhalt. In den vergangenen Wochen hat Rapolder immer wieder davon gesprochen, dass er noch einmal zu einem Klub gehen möchte, „wo 50000 Zuschauer kommen und ich wirklich etwas bewegen kann“. Auf der Bielefelder Alm, die mitten in einem Wohngebiet liegt und inzwischen immerhin den Namen eines großen Sponsors trägt, finden nach mehreren Ausbaustufen knapp 30000 Zuschauer Platz.

An den lang- oder auch nur mittelfristigen Aufbau einer Mannschaft mit Perspektive ist für Rapolder in Bielefeld momentan nicht zu denken, daran würden auch Einnahmen aus dem Uefa-Cup nichts ändern. „Für gute Spieler wird Arminia auch in Zukunft nur eine Durchgangsstation bleiben“, sagt Thomas von Heesen. Nationalspieler Patrick Owomoyela wechselt am Ende der Saison zu Werder Bremen, Erwin Skela zum 1. FC Kaiserslautern, Benjamin Lense zum 1. FC Nürnberg. Auch der junge und talentierte Abwehrspieler Matthias Langkamp will zum VfL Wolfsburg gehen, Torjäger Delron Buckley hat eine Ausstiegsklausel. „Bei uns verstehen auch die Fans die Spieler, die zu einem anderen Verein wechseln“ sagt von Heesen. „Niemand ist darüber böse.“

Als Verstärkung steht bisher nur der Mittelfeldspieler Nebojsa Krupnikovic von Hannover 96 fest, mit dann 32 Jahren nicht gerade ein Mann mit Zukunftsperspektive. Mit einem neuen Abwehrspieler, den Thomas von Heesen noch nicht nennen will, ist sich Arminia einig. „Wir brauchen einen hohen Grad an Motivationskunst und müssen neue Spieler davon überzeugen, dass sie sich bei uns weiterentwickeln können“, sagt von Heesen. „An Stelle von Delron Buckley würde ich hierbleiben, weil ihm hier ein schlechtes Spiel verziehen wird und er Spaß am Fußball hat.“ Dafür könne man doch auch auf ein bisschen Geld verzichten.

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