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Sport: Kleiner Ball, große Emotionen

Beim Ryder Cup der Golfprofis zwischen den USA und Europa ging es in den 90er-Jahren nicht immer sehr sportlich zu

Von Hartmut Moheit

Berlin. Hätte es ein großes Loch gegeben, Bernhard Langer wäre wohl darin verschwunden. Doch außer den im Golf üblichen Bunkern gab es 1991 am 18. Loch auf dem Ocean Course auf Kiawah Island/South Carolina nichts, wo er sich hätte verkriechen können. Nichts half dem Anhausener in diesem Augenblick, mit der Schmach musste der Profi in aller Öffentlichkeit fertig werden. Ein Putt aus 1,50 Metern, den er am letzten Grün nicht einlochen konnte, hatte ihn zur tragischen Figur werden lassen. Nicht Langer hatte verloren, sondern Europa. Nicht Hale Irwin gewann, sondern die USA holten den Ryder Cup aus purem Gold. Und das in einer Zeit, als der Patriotismus in den USA wegen des Golfkriegs sehr groß war.

Zehn Jahre nach diesem „einschneidenden Erlebnis in meiner Profikarriere, das mich aber nie aus der Bahn warf“, sollte Bernhard Langer erneut für Europa spielen dürfen. Aber nach den Attentaten vom 11. September 2001 in New York war der 34. Ryder Cup auf 2002 verschoben worden. Jene Golf-Millionäre, die in der Saison 2000 die meisten Punkte auf der European Tour oder der PGA Tour in den USA, bei den vier Major-Turnieren sowie bei den drei Turnieren der World Golf Championship gesammelt hatten, sich damit für ihren Kontinent qualifizierten, behielten allesamt ihre Antrittsberechtigung. Für Europa werden deshalb auch Spieler (Montgomerie, Clarke, Price, Fasth, Westwood) dabei sein, die nicht mehr in der Form von vor einem Jahr sind.

Vielleicht war es ganz gut, dass nach dem Ryder Cup von 1999 noch zwölf Monate mehr vergehen konnten, damit die Spieler „The Belfry“ nunmehr allein wieder wegen der großen Emotionen verlassen können, und weil sie das ehemals so sehr gepriesenen „Spirit of the game“ doch noch wiedergefunden haben. Keiner der 24 Profis wird eine Gage bekommen, sie spielen ausschließlich für Spesen und für die Nation.

Das war zwar im September 1999 im Country Golfclub Brookline (Massachusetts) nicht anders, aber die US-Amerikaner mussten sich nach ihrem Triumph viel Kritik gefallen lassen. Ihr Sieg war teuer erkauft, denn verloren hatten nicht nur die Europäer, verloren hatte wie schon 1991 das gute alte Spiel der Gentlemen. Als der zu Tränen gerührte US-Kapitän Ben Crenshaw das Gras des 17. Grüns küsste, auf dem die Entscheidung gefallen war, hatten sich zwölf freudetrunkene US-Golfprofis in den Armen gelegen. Sie spritzten mit Champagner und verloren dabei jedes Gefühl für die penibel einzuhaltende Golfetikette. Und das alles, obwohl der Spanier Jose Maria Olazabal in dem Moment noch die Chance zum Erfolg für Europa besaß. Doch unter diesen Umständen konnte er sich nicht mehr konzentrieren und schob seinen Putt am Loch vorbei.

Auch am Rande des Ryder Cups war es unsportlich zugegangen: Da wurden die Europäer beleidigt, ein Caddie verprügelt und die Frau des Teamkapitäns Mark James bespuckt. Es gibt kein anderes Golfereignis, das mehr Emotionen weckt. Es gibt keinen vergleichbaren Golf-Teamwettkampf, bei dem ein Profi auf einen Schlag so berühmt werden kann.

Oder eben zur tragischen Figur wie Bernhard Langer, der 1991 bereits mit seinen Team-Kollegen die Fairness der Amerikaner vermisste. Höhepunkt des Negativen war auf Kiawah Island, dass eine Radiostation die Europäer in der Nacht per Telefon aus dem Schlaf geklingelt hatte. Die Jahre des Ryder Cups, in denen die Gegner mehr mit- als gegeneinander gespielt hatten, waren längst vorbei. Spätestens, seitdem die Nicht-Briten in diesem Wettbewerb spielen dürfen und Europa durch sie bis 1991 dreimal in Folge triumphieren konnte. Vom „Krieg an der Küste“ wurde deshalb geschrieben.

Beim 34. Ryder Cup auf „The Belfry“ soll sich das alles nicht wiederholen, das haben die Kapitäne zumindest versichert. Ein besonderer Kampf um die Ehre wird der Ryder Cup zwar immer bleiben, aber es geht auch um den Ruf des Golfsports. Zumal für 2008 sogar die Chance besteht, wieder als Olympiadisziplin aufgenommen zu werden.

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