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Kleiner Kreis: Europa dominiert die Handball-Welt seit 75 Jahren

Wenn am Freitag die 23. Handball-WM beginnt, wird am Ende mit großer Wahrscheinlichkeit wieder ein Team aus Europa den Titel gewinnen. Dabei würde der Weltverband zu gerne neue Märkte erobern.

Ein Taumel war es vor sechs Jahren. Als die deutschen Handballer am 4. Februar 2007 im WM-Finale gegen Polen siegten, kreischten 20 000 euphorische Fans in der Köln-Arena. Und über 21 Millionen Fans vor den Fernsehgeräten erzeugten einen Hype, von dem auch die Internationale Handball-Föderation (IHF) enorm profitierte. „Wenn es dem deutschen Handball gut geht, geht es dem Welthandball auch gut“, hat IHF-Präsident Hassan Moustafa einmal die Abhängigkeit vom deutschen Markt beschrieben. Kurz darauf verdoppelte der Weltverband seine Erlöse beim Verkauf der TV-Rechte (für den Zeitraum 2010 bis 2013) auf 65 Millionen Franken.

Das sind große Summen für den Handball, der am Freitag in Spanien die 23. Weltmeisterschaft startet. Im Vergleich zum Fußball, den Moustafa als Vorbild betrachtet, sind das freilich nur Krümel. Die Gründe dafür sind die mangelnde Verbreitung des Handballs in wichtigen Märkten wie Großbritannien, China, Japan oder den USA. Hier kam die vergleichsweise junge Sportart, die in den 1920er und 1930er-Jahren in Deutschland und Skandinavien entwickelt wurde, zu spät.

Die Geschichte der WM begann vor 75 Jahren in Berlin. Am 5. und 6. Februar 1938, mit zwei Abendveranstaltungen in der Deutschlandhalle. Die Bezeichnung WM war hochgegriffen. Neben Gastgeber Deutschland traten nur Österreich, Dänemark und Schweden an, in Duellen von jeweils 2x10 Minuten. Handball in der Halle war exotisch, Feldhandball war angesagt in Deutschland. Die 9000 Fans staunten über die Kunststücke der dänischen Hallenspezialisten, den „Springwurf“ (Sprungwurf) und „Aufsetzer-Pass“. Den ersten Titel holten sich dennoch, mit drei Siegen, die wurfgewaltigen Deutschen.

Der technische Vorsprung bescherte den Schweden nach dem Krieg eine lange Dominanz in der Halle, sie siegten 1954 zu Hause (gegen die BRD) und 1958 in der DDR. Das deutsche Mutterland des Handballs, zumindest der Westen, verlor nun bis zum WM-Sieg 1978 in Dänemark den Anschluss, weil es zu lange am Feldhandball festhielt. Die Teams aus dem Ostblock dagegen konzentrierten sich frühzeitig auf die Halle. Rumänien, die CSSR, Jugoslawien, die DDR und schließlich die UdSSR dominierten. In den 1990er Jahren duellierten sich die Schweden mit den Russen, das vergangene Jahrzehnt schließlich ist eine französische Ära.

Das zeigt auch das größte Manko des Handballs: Er ist bis heute eine europäische Angelegenheit. Allein 1997 (Japan), 1999 (Ägypten) und 2005 (Tunesien) wurde die WM nicht in Europa ausgespielt, zwei vierte Plätze für Ägypten (2001) und Tunesien (2005) waren die besten Platzierungen außereuropäischer Teams. In Asien ist Südkorea der einzige Verband mit hohem Niveau.

Bereits in den 1960er Jahren gab es die Versuche der IHF, das Spiel auch in Nordamerika zu popularisieren, dem wichtigsten Markt des Sports. Dort galt Handball als „besonders gewalttätige Kombination von Basketball, Fußball und Hockey“ (Zeitschrift „Time“). 1964 erhielten deutsche Spieler Ausnahmegenehmigungen, um für die USA auflaufen zu können. Doch alle Versuche scheiterten. Lediglich in Argentinien und Brasilien, zwei Gegner Deutschlands in der Vorrunde, entwickeln sich zarte Handball-Pflänzchen.

Nun, da sich der hiesige Markt sechs Jahre nach dem WM-Triumph merklich abkühlt, richten sich die größten kommerziellen Hoffnungen der IHF auf den Nahen Osten. Hier locken die Scheichs mit hohen Summen; so finanziert Katar die Austragung der Klub-WM mit einer Million Dollar pro Jahr. Auch die WM 2015 findet in Katar statt. Das zweite Turnier in Asien soll, versprechen die Organisatoren, die beste Handball-WM aller Zeiten werden.

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