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Sport: Kleinholz statt Ruhe

Warum Robert Huth im Trainingslager auf Sardinien nicht entspannen kann

Gut, dass der Stuhl, in den sich Robert Huth setzt, aus Metall ist. Der 21 Jahre alte deutsche Nationalverteidiger vom FC Chelsea ist das, was man landläufig als Brechertypen bezeichnet. Er ist groß, er ist breit, er ist kantig. Und es scheint, als stehe er unter Vollspannung. Da er von seinem Vereinstrainer José Mourinho nur selten Gelegenheit bekam, seine Muskeln spielen zu lassen, wirkt er hier im regenerativen Trainingslager der deutschen Mannschaft ein wenig fehl am Platz. Huth und regenerieren? Er würde wohl lieber die Gruppe der benachbarten Pinien aufsuchen und Kleinholz daraus machen. „Ich will hier nicht entspannen“, sagt Huth. „Ich kann nicht entspannen. Das Turnier, das wir bald spielen, ist viel zu groß und zu wichtig, als dass ich mich hier in die Sonne legen und jeden Abend drei Bier trinken würde.“

In London, wo der gebürtige Berliner lebt seit er 16 ist, geht er ganz gern mal in die Kneipe, wie er erzählt. Aber da, beim FC Chelsea, sind die Fronten relativ klar. Huth ist Ersatz- oder bestenfalls Ergänzungsspieler. „Der Robert hatte 20 Teileinsätze, oder 900 Minuten aktive Spielzeit“, sagt Jürgen Klinsmanns Kotrainer Joachim Löw. Das ist wenig im Vergleich zum Bremer Tim Borowski, der es in 41 Pflichtspielen auf mehr als 3000 Spielminuten gebracht hat. „Für den Robert werden wir die Belastung schon noch hochfahren, keine Angst“, sagt Löw. Vielspieler wie Borowski, Michael Ballack oder Miroslav Klose dürften sich momentan etwas zurücknehmen.

Robert Huth kann und will das nicht. Er streicht sich über seinen rechten Oberarm. Wenn er mit den anderen auf dem Trainingsplatz in Pula auf Sardinien steht, fällt er schon allein dadurch auf, dass er sich stets seine kurzen Hosenbeine bis hoch in den Intimbereich zieht. Ein bisschen sieht er dann aus wie ein Sumoringer, der sich gleich in den Kampf werfen wird. Bei Klinsmann steht er höher im Kurs als bei seinem Klubtrainer. In gewisser Weise war Huth die erste Entdeckung Klinsmanns, als er ihn gleich im zweiten Länderspiel seiner Amtszeit in Berlin aufbot und gegen Brasiliens Wunderstürmer Adriano stellte. Mit Erfolg. „Der Robert hat keine Angst vor großen Namen“, erzählt Löw und fragt: „Wissen Sie, was er damals antwortete? Endlich mal ein richtiger Gegner – alles klar Trainer.“ Das hat dem Trainergespann imponiert. „Solche Typen brauchen wir“, sagt Löw. Wohl auch deshalb hat Klinsmann seine Regel gebrochen, nur Spieler mit zur WM zu nehmen, die auch im Klub ständig spielen.

„Ich kann es nicht mehr erwarten, bis es endlich losgeht“, sagt Huth. Er ist ein Typ, der aufkommende Selbstzweifel gern im Kraftraum wegtrainiert. Den Mannschaftspsychologen habe er jedenfalls noch nicht ein einziges Mal in den knapp zwei Jahren seiner Nationalmannschaftskarriere konsultiert. „Das brauche ich nicht“, sagt Huth, „ich habe da meine eigenen Methoden“. Verraten mag er sie nicht. Vielleicht aus Scham, sein Lächeln wirkt verräterisch. Für einen Augenblick lehnt er sich zurück und legt dabei beide Hände flach auf den Tisch. Dass ihm seine viel zu geringe Spielpraxis zum Verhängnis werden könnte, schließt er aus. „Meine körperliche Basis stimmt. Und die drei Vorbereitungsspiele bis zur WM reichen mir aus.“ Bei den Fitnesstests der Nationalmannschaft soll Huth über alle drei Sprintstrecken jeweils der Schnellste gewesen sein. Allerdings war der Ball da nicht im Spiel.

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