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Das geht auf seine Kappe. Dortmunds Trainer Jürgen Klopp verzockte sich taktisch, so dass die Schalker einen lang ersehnten Derbysieg bejubeln konnten. Foto: AFP

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Sport: Klopp ist der neue Löw

Der Dortmunder Trainer verwirrt sein Team im Revierderby mit einer ungewohnten Aufstellung.

Als überzeugter Pädagoge hat Jürgen Klopp verinnerlicht, dass man bei einer Bestandsaufnahme immer mit etwas Positivem anfangen soll. Und deshalb sagte Dortmunds Trainer nach dem bitteren 1:2 (0:1) gegen den FC Schalke 04, die Atmosphäre im heimischen Stadion sei „hervorragend gewesen, und das trotz des Spiels, das wir abgeliefert haben“. Mehr Gutes gab es nicht zu entdecken an einem gebrauchten Tag für die erfolgsverwöhnten Dortmunder, die schon lange nicht mehr so planlos und uninspiriert über den Platz geirrt sind wie beim 141. Revierderby. Auf zwölf Punkte ist der Rückstand zur Tabellenspitze inzwischen angewachsen. Die Bayern sind nur noch mit dem Fernglas auszumachen, selbst die Schalker sind bereits fünf Punkte voraus. Und auch wenn Klopp betonte, man mache sich „keinen zusätzlichen Druck durch die Tabellenkonstellation“, ist diese Bestandsaufnahme alarmierend.

Dortmunds Trainer wirkte einigermaßen zerknirscht, und das lag nicht nur an der schwachen Vorstellung seines Ensembles, sondern auch daran, dass er selbst sich verzockt hatte. Klopp hatte das gewohnte System umgestellt. Es war ein taktischer Kunstgriff, der voll danebenging. Klopp beorderte Sven Bender zwischen die Manndecker Mats Hummels und Neven Subotic, vor der Dreierkette sollten sich Kevin Großkreutz und Lukasz Piszczek als Außenspieler ins Mittelfeld einsortieren. Mit diesem ungewohnten 3-3-2-2-System wollten die Dortmunder ihren Gegner überraschen, verunsicherten am Ende aber vor allem sich selbst.

„Wir waren überrascht, dass Dortmund in einer anderen Grundordnung gespielt hat, konnten aber gut darauf reagieren“, sagte Schalkes Trainer Huub Stevens. Als Klopp das gescheiterte Experiment nach einer halben Stunde beendete und zur gewohnten Ausrichtung mit Viererkette zurückkehrte, hatte Schalke die Unordnung bereits genutzt und durch den starken Ibrahim Afellay die 1:0-Führung erzielt. „Diese Niederlage geht auf meine Kappe“, sagte Kappenträger Klopp.

Mit ein wenig Polemik könnte man nun konstatieren, Klopp sei der neue Löw, schließlich sind ja auch dem Bundestrainer zuletzt diverse taktische Schnitzer vorgehalten worden. Die Kritiker, die den Bundestrainer am liebsten ablösen und durch Dortmunds Meistertrainer ersetzen würden, haben nun erlebt, dass auch Klopp fehlbar ist. Zu seiner Ehrenrettung sei gesagt, dass die Dortmunder Vorstellung nach der Rückkehr zur alten Ordnung ein wenig griffiger wurde. Dennoch war sie immer noch weit von dem Niveau entfernt, das diese Mannschaft an normalen Tagen auszeichnet. „Das war heute kein BVB-Fußball“, sagte Verteidiger Mats Hummels, Klopp war „einigermaßen geschockt über unser Passspiel“.

Dem Gegner war es recht, Schalke nutzte die Unpässlichkeiten der Borussia. Zu Beginn der zweiten Halbzeit sorgte Marco Höger mit seinem Kontertor für die Entscheidung, auch wenn Robert Lewandowski kurz darauf noch der Anschlusstreffer gelang. Aber auch danach gelang es den Gästen, ihre weitgehend harmlosen Widersacher vom eigenen Tor fernzuhalten. Die Schalker genossen den Nachmittag, nachdem sie in den Derbys zuletzt vor allem hatten leiden müssen.

Der Sieg in Dortmund war nicht nur hoch verdient, er war auch ein Ausdruck für das Lernvermögen der Mannschaft, die sich noch vor wenigen Wochen, nach der 0:2-Niederlage gegen Bayern, Zweifeln grundsätzlicher Art ausgesetzt sah. Man habe aus diesem Erlebnis die richtigen Schlüsse gezogen, sagte Stevens, „wir sind einfach unseren Weg gegangen“. Seine junge Mannschaft befinde sich noch in der Entwicklung, „da musst du auch mal einen Schritt zurück machen. Aber wenn du dann zwei nach vorne machst, ist alles gut.“ In Dortmund, so scheint es, haben die Schalker auf diesem Weg eine entscheidende Etappe zurückgelegt.

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