zum Hauptinhalt

Sport: Knall und Fall

Fernando Alonso gewinnt auf dem Nürburgring, weil Kimi Räikkönen kurz vor Schluss ein Reifen platzt

Auf der Mercedes-Tribüne bereitete man sich auf den Jubel vor. Ein Mal noch würde Kimi Räikkönen im silbernen Auto an den vielen geladenen Gästen des Stuttgarter Autoherstellers vorbeirauschen, dann würden sie ihn für seinen dritten Formel-1-Sieg in Folge feiern. Kurz darauf lösten sich die Zuschauer am Ende der Start-Ziel-Geraden des Nürburgrings von ihren Sitzen – allerdings eine Runde zu früh. Mit dem Heck voraus und einem wild zappelnden Vorderreifen schoss Räikkönens McLaren-Mercedes mit Tempo 280 an ihnen vorbei und kam schließlich im Reifenstapel zum Halt. Eine Runde später jubelte der Sieger Fernando Alonso im Renault in Richtung Mercedes-Tribüne, fand aber nur verhaltene Resonanz. Ein wenig enthusiastischer fiel die Reaktion bei der Vorbeifahrt Nick Heidfelds aus, der gestern die Woche seines Lebens mit einem Podestplatz bei seinem Heimrennen krönte.

„Ich muss mich jetzt erstmal kneifen“, sagte Heidfeld, nachdem er beim Großen Preis von Europa wie schon vor einer Woche in Monaco Zweiter geworden war. „Die Erfolge in der Formel 1, dazu erwartet meine Freundin auch noch ein Kind - besser kann es gar nicht laufen.“ Höchstens ein kleines bisschen: Ein Grand-Prix-Sieg wollte dem Mönchengladbacher auch im 91. Rennen nicht gelingen, obwohl er zum ersten Mal von der Poleposition gestartet war. Doch schon nach elf Umläufen enthüllte sich das Geheimnis der fantastischen Qualifikationsrunde: Heidfeld hatte nur wenig Sprit an Bord und musste früh an die Box. Sein BMW-Williams-Team hatte sich im Gegensatz zu den meisten Kontrahenten für eine Drei-Stopp-Strategie entschieden. „Der Plan war, sich ganz vorn zu qualifizieren und mit einem leichten Auto am Anfang richtig Gas zu geben“, sagte Heidfeld. „Das hat ja auch funktioniert.“

Für Kimi Räikkönen lief bis eine Runde vor Schluss ebenfalls fast alles nach Plan. Der Finne war bereits am Start an Heidfeld vorbeigezogen und fuhr danach wie schon bei den vergangenen Rennen ungefährdet an der Spitze. Womöglich zu ungefährdet, denn plötzlich begann er, Fehler zu begehen. Bei dem Versuch, Sauber-Pilot Jacques Villeneuve zu überrunden, verbremste er sich und ruinierte sich den rechten Vorderreifen. „Danach hat das Auto so stark vibriert, dass ich kaum noch etwas sehen konnte“, sagte Räikkönen. Sein Rennstall erwog, den Reifen zu wechseln, was nach dem neuen Reglement nur noch bei schweren Schäden erlaubt ist. „Wir haben uns aber dagegen entschieden“, sagte McLaren-Teamchef Ron Dennis. „Eine Gefahr konnten wir nicht erkennen, und mit dem zusätzlichen Boxenstopp wäre Kimi zwar vielleicht Dritter geworden, aber eben hinter Alonso.“ Weil Dennis den Rückstand auf den WM-Führenden jedoch unbedingt verkürzen wollte, setzte er auf Risiko – und verlor. Knapp fünf Kilometer vor dem Ziel hatten die ständigen Vibrationen Räikkönens Radaufhängung so zersetzt, dass diese mit einem Knall zerbarst. Der bis dahin Zweitplatzierte Fernando Alonso manövrierte sich durch die Wrackteile zu seinem vierten Saisonsieg. Mit nun 32 Punkten Vorsprung vor Räikkönen ist Alonso dem Titelgewinn ein großes Stück näher gekommen.

Und der Weltmeister? Michael Schumacher belegte nach einem unspektakulären Rennen den fünften Rang. „Ich hatte gedacht, es würde hier besser laufen“, sagte er. Doch schon kurz nach dem Start, als sich mehrere Autos ineinander verkeilten, verlor er viel Zeit. Im Gegensatz zu seinem Teamkollegen Rubens Barrichello, der Dritter wurde, blieb Schumacher somit zum siebten Mal in dieser Saison blieb von einer Siegerehrung ausgeschlossen.

Christian Hönicke[Nürburgring]

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false