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Sport: Können kommt vom Wollen

Werder Bremen zweifelt plötzlich an seinen Stärken

Bevor der Charterflug aus Stuttgart Richtung Bremen abhob, entwickelten die meisten Vertreter von Werder Bremen eine erstaunliche Gelassenheit. Nach der demütigenden 1:4-Niederlage beim VfB Stuttgart war allerdings in den Gesichtern der Spieler gut abzulesen, wie groß Schmerz und Verzweiflung in diesen Tagen sind. Wie weh es tut, den großen Traum vom deutschen Meistertitel womöglich gerade platzen zu sehen. „Jetzt fehlt nur noch, dass das Flugzeug abstürzt“, orakelte Vereinschef Jürgen L. Born auf dem Flughafen.

Mit Sarkasmus versuchte die Vereinsspitze, die Spieler wachzurütteln. Zuerst merkte Born an, die Mannschaft habe statt fürs Torverhältnis in Stuttgart nur etwas fürs Eckenverhältnis getan. Dann versuchte Manager Klaus Allofs mittels schonungsloser Analyse, seinen Angestellten neue Energie zu geben. „Wer ständig liest, er sei Favorit auf den Titel, der entwickelt eine gewisse Zufriedenheit“, sagte Allofs. „Da fehlt die letzte Konsequenz, das unbedingte Wollen ist nicht vorhanden.“

Auf Bremen wartet eine entscheidende Woche: In zwei Tagen geht es gegen Ajax Amsterdam im Uefa-Cup und am Samstag kommt der HSV zum Nordderby. Nach einer weiteren Niederlage in der Liga könnten die Bremer ihr Ziel Meisterschaft wohl abschreiben. An diesem Wochenende ist der Rückstand auf Schalke 04 auf sechs Punkte angewachsen. „Unser Ziel bleibt es, ganz oben zu stehen, aber wir müssen kritisch mit uns umgehen“, sagte Trainer Thomas Schaaf. Die Vereinsspitze aber hat offenbar genug von der oft genug auf dem Rasen zur Schau gestellten Selbstgefälligkeit.

In Stuttgart versanken die Bremer Nationalspieler leistungsmäßig im Mittelmaß. Nach dieser Lehrstunde behalfen sich die Vorgeführten deshalb damit, sich selbst Mut zuzusprechen. „Was sind sechs Punkte Rückstand?“, fragte Daniel Jensen. „Wenn wir zweimal verlieren, kann das Schalke auch passieren“, meinte Torsten Frings. Doch das Selbstbewusstsein wirkte gespielt. Ehrlicher war wohl die Analyse von Nationalspieler Miroslav Klose, der sich wie Born auf Sarkasmus verlegte. „Nicht nur an mir lief vieles vorbei“, sagte er nach einer schlechten Partie. Gerade, wenn man gelobt werde, müsse man noch mehr tun.

Die Wende tut dringend not. Aber auch die versuchte Antwort von Allofs kommt zumindest für diese Saison zu spät. Der bezeichnete den Stuttgarter Neu-Nationalspieler Mario Gomez als einen Spieler, der „wunderbar zum SV Werder passen würde“. Gomez hat in Stuttgart allerdings einen Vertrag bis 2011, ohne Ausstiegsklausel. Bis zum Sommer müssen sich die Bremer also etwas anderes einfallen lassen.

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