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Ziemlich spritzig. So präsentieren sich Lewis Holtby (l.), Albin Ekdal und der Hamburger SV neuerdings.

© Ronny Hartmann/AFP

Kolumne: Auslaufen mit Lüdecke: Theater mit dem HSV

Dass der Hamburger SV plötzlich aufblüht, nervt unseren Kolumnisten. Was ist das bloß für ein Verein, auf den gar kein Verlass mehr ist?

Was ist nur mit dem HSV los? Gibt es dafür irgendeine logische Erklärung? Die waren doch schon abgestiegen, oder nicht? Natürlich waren sie das! Ich selbst, der ich mich ab sofort nur noch der Hertha widmen wollte, habe das letzte Woche hier an dieser Stelle mit einer prächtigen Portion Schadenfreude schriftlich zum Ausdruck gebracht. Und nicht nur ich! Sämtliche Experten hatten doch ausgerechnet, dass noch nie eine Mannschaft mit einer so schlechten Bilanz den Abstieg verhindern konnte. Wieso halten sich die Hamburger nicht an die verdammten Prognosen? Was ist das bloß für ein Verein?

Jede Saison dasselbe Theater. Woche für Woche liefern sie die unmöglichsten Leistungen ab. Es ist im Grunde Slapstick, Team bis Führungsebene. Dann wechseln sie im Monatsrhythmus ihren Trainer. Der aktuelle ist schon der dritte in diesem Jahr. Wir machen uns alle lustig – wie sich das gehört. Wir tun unseren Job. Und was ist nun? Letztlich? Köln ist abgestiegen! Hamburg lebt immer noch. Wie kann das sein?

Die Sache war doch nun wirklich gegessen. Man kann doch nicht auf seiner eigenen Beerdigung den Sargdeckel hochklappen und rufen: „April, April, Leute!“ So etwas gehört sich einfach nicht. Das ist irgendwie eine Missachtung der Realität. Es ist eine mutwillige Verunglimpfung der Sportjournalistik, der professionellen Fußballanalyse und der humorverarbeitenden Industrie. Dessen sollten sie sich bewusst sein, in Hamburg.

Das nötigt Respekt ab

Vor ein paar Wochen, nach dem 14. sieglosen Spiel in Folge, haben die Hamburger doch selber gesagt: „Jetzt müsste schon etwas Außergewöhnliches passieren.“ Eben! Bloß, was hätte das sein sollen? Da hat doch keiner daran geglaubt, in Hamburg. Nun sind noch zwei Spiele zu absolvieren und irgendwie bekommt man plötzlich das Gefühl, die ziehen noch Wolfsburg runter.

Jetzt mal unter uns: Irgendwie nötigt dieses sich jährlich wiederholende Ritual auch einen gewissen Respekt ab. Ich habe ja auch nie einen Hehl daraus gemacht, dass ein Verein wie der Hamburger SV allein wegen seines Unterhaltungswertes der Liga eigentlich erhalten bleiben müsste. Aus demselben Grund finde ich ja auch Horst Seehofer als Heimatminister eine interessante Personalie. Aber diese Saison treiben sie es wirklich zu weit in Hamburg.

Immerhin: die Moral stimmt. Das muss man den Hamburgern lassen – und damit zur Hertha. Auch die hat am Samstag viel Moral bewiesen und in den letzten sechs Minuten einen Zwei-Tore-Rückstand aufgeholt. Eine noch größere Moral zeigten aber die zahlenden Zuschauer. Wie sie die ersten 84 Minuten überstanden haben, Kompliment!

Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke schreibt hier jeden Montag über die Fußball-Bundesliga

Frank Lüdecke

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