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Nein, das ist leider nicht Klaus-Michael Kühne auf der Alster. Wäre aber schön oder?

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Kolumne: Auslaufen mit Lüdecke: Wasserski beim Hamburger SV

Heute ist ihm sogar mal Hertha egal. Hauptsache der HSV steigt nicht ab. Hamburg ist Entertainment pur. Skandale, Chaos, darauf will unser Kolumnist auch in der kommenden Saison einfach nicht verzichten.

Der Sieg der Herthaner gegen den HSV war eine große Genugtuung für die Hauptstadt. Die Hamburger kriegen die fünf Ringe, aber wir die drei Punkte. Nach meinen internen Stammtischberechnungen können aber immer noch acht Mannschaften aus der Bundesliga absteigen. Die Trainer stehen unter extremem Druck und reagieren unterschiedlich. Paderborns Übungsleiter Breitenreiter sagt: „Wir schauen nicht auf die Tabelle, wichtig ist, dass die Leistung zu 100 Prozent stimmt.“ Das klingt selbstbewusst. Es mag auch sein, dass die Leistung stimmt, aber ein Blick auf die Tabelle könnte trotzdem nicht schaden. Paderborn ist Vorletzter. Nicht, dass sie am Ende absteigen und keiner bekommt das mit, weil sich die leistungsorientierten Westfalen die Tabelle nicht angucken.

Der Trainer des VfB Stuttgart, Huub Stevens, schaut auch nicht auf die Tabelle. Warum auch? Sie sind Letzter. Seit Wochen. Der knorrige Holländer verfolgt in der Krise ein anderes strategisches Konzept. Er will locker wirken. Deswegen macht er immer Scherze in den Pressekonferenzen. Nun kenne ich mich mit Scherzen ein wenig aus und kann aus eigener Erfahrung sagen: Wenn man der einzige ist, der über den selbst erzählten Witz lacht, stimmt etwas mit dem Witz nicht.

Oder mit dem Erzählenden. Stevens Lockerheit ist eine grotesk gespielte Farce, aber leider so schlecht gespielt, dass der Holländer insgesamt noch verkrampfter rüberkommt, als die Situation in Stuttgart ohnehin schon ist.

Herthas Trainer Dardai dagegen wirkt nicht nur locker, er ist es offensichtlich, und Erfolg hat er auch noch. Dabei hat er echt viel zu tun. Wahnsinn! Er hat ja noch einen Zweitjob! Das ist zunächst nicht ungewöhnlich. In Amerika zum Beispiel haben viele junge Einwanderer zwei oder sogar drei Jobs gleichzeitig, um ihre Familien über Wasser zu halten. Ich kann mir nur nicht vorstellen, wie unser junger ungarischer Trainer das macht? Tagsüber trainiert er Hertha BSC. Okay. Und die ungarische Nationalmannschaft? Wann trainiert er die? Nachts? Über Skype?

Egal. Hauptsache der HSV steigt nicht ab. Hamburg ist Entertainment pur. Skandale, Chaos, darauf können wir nicht einfach leichtfertig verzichten. Gut, unter Trainer Joe Zinnbauer werden sie auch nicht absteigen. So, wie ich die Hamburger kenne, ist der diese Woche nicht mehr im Amt (Kann Frank Lüdecke hellsehen?, Anm. d. R.).

Dafür sorgt im Hintergrund dieser durchgeknallte Millionär. Der seinem Herzensverein gern teure Spieler kauft, die er für gut erachtet und der über die Presse wertvolle Tipps gibt, wie: „Der Trainer muss weg!“ oder: „Wir spielen das falsche System!“ Ich könnte mir vorstellen, dass Herr Kühne der Stadt Hamburg für die Olympiade eine nagelneue Wasserski-Arena spendiert. Nur, um kurz vor der Eröffnung der Spiele festzustellen, dass Wasserski gar nicht olympisch ist.

Ein Wort noch zu Hertha: Wenn ich da etwas zu sagen hätte, würde ich tunlichst darauf achten, dass Pal Dardai neben seiner doppelten Trainertätigkeit in der Schlussphase der Liga nicht noch weitere Berufsfelder aufmacht. Als Kommentator etwa, beim Fernsehen. Oder als Inhaber eines ungarischen Spezialitätenrestaurants am Kudamm. Ich sähe sonst wirklich die Gefahr, dass er sich verzettelt.

Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke schreibt im Tagesspiegel jeden Montag über die Fußball-Bundesliga

Frank Lüdecke

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