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Maria Tietze wird bei den Paralympics in Tokio dabei sein.

© imago images/Beautiful Sports

Kolumne - Mein Weg nach Tokio: Für Maria Tietze wird der Traum von den Paralympics wahr

Unsere Kolumnistin wurde für Tokio nominiert und ist überwältigt vor Freude. Auf die frohe Kunde reagierte sie auf ihre ganz eigene Weise.

Am 24. August beginnen die Paralympischen Spiele in Tokio. Am Start wird die Berlinerin Maria Tietze sein. Die 32-Jährige begann einst mit dem Fußball als Sportlerin und ist nach einem Unfall und einer Amputation am linken Unterschenkel nun Paralympionikin. An dieser Stelle erzählt die Sprinterin und Weitspringerin monatlich über ihren Weg nach Tokio.

Er war da, der Tag, auf den ich gewartet habe. Der mir bestätigen sollte, dass sich die Arbeit der vergangenen vier Jahre gelohnt hat. Bei der Pressekonferenz des Deutschen Behindertensportverbands wurden die Mitglieder des Team D Paralympics benannt. Ob ich dabei sein werde? Ich habe trotz erfüllter Norm die ganze Zeit nicht gewagt von einer Berufung ins Team auszugehen.

Die Pressekonferenz lief also. Nur ganz ohne mich vor dem Bildschirm. Ich war nach dem Training noch bei der Physiotherapie und hatte dann Telefonate mit meinem Techniker und vor allem Versicherungen auf dem Plan, denn Hochwasserschäden müssen auch gemeldet und behoben werden.

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So richtig war ich also nicht auf das Thema Tokio eingestellt, als ich mit einer Teamkollegin schrieb, um zu erfahren, ob die Pressekonferenz schon durch ist oder es sich noch lohnt sie einzuschalten. Sie sei in den letzten Zügen, hieß es. Fakt sei aber auch – und hier machte sie eine unbeabsichtigt dramatische Pause – dass wir nach Tokio fliegen.

Erstmal die Wäsche abnehmen

Es kam unerwartet und es kam trocken, völlig ohne Schnickschnack, auf das Nötigste gekürzt und es kam von einem lieben Menschen. „Oh wow“ schoss es mir durch den Kopf. Die Nachricht, auf die ich hingefiebert und hingearbeitet habe. Es war offiziell, ich wurde als Athletin für die Paralympics nominiert. Was für eine Nachricht! Die musste ich erst einmal sacken lassen.

Und was macht man allgemein so, wenn man erfährt, dass man eine:r von 137 Deutschen Para Athlet:innen ist, die beim drittgrößten Sportevent der Welt ihr Land vertreten dürfen? Genau, erst mal die Wäsche abnehmen. Sie feiern anders? Selbst wenn es vielleicht gleich regnet? Okay, ich habe ein bisschen gebraucht, um zu verstehen, dass es wirklich passiert. Als die gefaltete Wäsche wieder im Haus war, hatte sich ein Grinsen in meinem Gesicht gebildet, dass für die nächsten paar Stunden wie festgetackert war.

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Bis ich meine Familie informierte, verging eine Stunde. Vorher konnte ich die frohe Kunde nicht in Worte fassen. Am Telefon hörte ich Fragen wie: „Uuuuuuund?“ Oder „Na endlich, ich konnte kaum noch warten. Also fliegst du?“ Auf alles konnte ich nur ein leises und sehr hohes „Ja.“ antworten. Mehr ging noch nicht, ich war überwältigt vor Freude. Am Abend gab es zur Feier des Tages Sushi im engsten Kreis der Familie. Wenn ich schon nach Japan fliege, dann gibt es wenigstens das passende Essen.

Eine ganz persönliche Olympiade

So entspannt der Abend nach der Nominierung war, ging es erst einmal nicht weiter. Auch am nächsten Tag stand unser Keller noch unter Wasser und die Versicherungen sind überlastet. Trainiert wird natürlich unabhängig von alldem. Parallel kam die Paralympics-Einkleidung an, die anprobiert werden wollte. Sehen, ob die bestellten Größen auch passend gepackt wurden. Das macht durchaus Lust auf mehr. Jetzt muss sie aber noch ein bisschen im Koffer schlummern, bis sie dann endlich zum Einsatz kommt.

Normalerweise vergehen vom Ende der Olympischen und Paralympischen Spiele bis zur nächsten Eröffnungsfeier vier Jahre – die Olympiade. Der aktuelle Zyklus dauerte fünf Jahre. Aber weil ich erst im Sommer 2017 mit der Para-Leichtathletik begonnen habe, gab es nun meine ganz persönliche Olympiade.

Weil es meine erste Teilnahme ist, bleibe ich jeden Tag gespannt, was da auf der „Road to Tokyo“ und meinem Abenteuer Paralympics noch kommen wird. Noch immer kann ich es nicht so recht fassen, aber dafür kann ich es aufschreiben: Ich werde Paralympionikin.

Maria Tietze

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