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Triumph in Gelsenkirchen. 2004 feierte der FC Porto in Schalkes Stadion den Sieg im Finale der Champions League.

© Scheidemann/p-a/dpa

Kolumne: Meine Champions League: Portos kurzer Flirt mit dem ganz großen Fußball

2004 triumphierte der FC Porto in der Champions League, mit Trainer José Mourinho verabschiedete sich dann aber auch der Erfolg von dem Verein.

Vor drei Wochen schaute der alte Dinosaurier mal bei den Drachen vorbei. Es war ein schöner Ausflug für Gianluigi Buffon, den ewigen Gigi, der auch mit 39 noch das Tor von Juventus Turin hütet. Sein Vertrag läuft bis zum Sommer 2018, und wer glaubt schon ernsthaft, dass er nicht verlängert wird?

Beim Gastspiel im Estadio do Dragao siegte Juve im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League 2:0 beim Futebol Clube do Porto, dem Klub mit dem Drachen im Emblem. Und danach hat Buffon erst mal lang und innig seinen liebsten Kollegen geherzt. Mit dem drei Jahre jüngeren Spanier Iker Casillas verbindet den italienischen Nationalspieler eine Freundschaft, wie sie eher ungewöhnlich ist im Profifußball.

2015 fand der Heilige Iker Zuflucht in Porto

Beide sind sie je einmal Weltmeister geworden, aber Buffon hat noch nie die Champions League gewonnen, Casillas dagegen schon dreimal, zuletzt 2014. Damals spielte er für Real Madrid, und eigentlich war das wie zwischen Buffon und Juve als Beziehung für die Ewigkeit angelegt. Bei Real nannten sie ihn San Iker. Im Sommer 2015 aber haben sie den heiligen Iker verjagt, nach elenden und öffentlich zelebrierten Streitigkeiten, die sich über Jahre hingezogen hatten, ausgelöst vom früheren Trainer José Mourinho. Da wirkte es schon seltsam, dass Casillas ausgerechnet nach Porto floh, denn dort genießt Mourinho Heldenstatus.

Alte Kollegen, alte Kumpel. Iker Casillas (l.) und Gianluigi Buffon.
Alte Kollegen, alte Kumpel. Iker Casillas (l.) und Gianluigi Buffon.

© Cacace/AFP

Die Geschichte liegt bald 13 Jahre zurück, aber in Porto wird sie immer noch gern erzählt (wie auch die Anekdote mit Madjers Hackentor 1987 im Europapokalfinale gegen die Bayern, aber daran erinnern sich nur noch die Älteren). Es war beim Champions-League-Finale in Gelsenkirchen, als Mourinho zum ersten Mal die ganz große Bühne kaperte. Das Endspiel gegen den AS Monaco stand am Ende einer seltsamen Saison, in der sich Europas Granden allesamt frühzeitig verabschiedet hatten, der FC Barcelona sogar schon im Achtelfinale des Uefa-Cups. Die Vorjahresfinalisten Juventus Turin und AC Milan scheiterten in Achtel- und Viertelfinale an Deportivo La Coruña, Bayern München verabschiedete sich im Achtelfinale gegen Real Madrid und Real danach gegen Monaco.

Mourinho verließ Porto 2004 für den FC Chelsea

Das Endspiel war eine klare Angelegenheit für die von Mourinho gnadenlos auf Defensive gedrillten Portugiesen. Gomes, Deco und Alenitschew schossen die Tore zum 3:0-Sieg, aber alles sprach nur von José Mourinho, auch er selbst. Immer wieder betonte er, er wolle nicht über seine Zukunft reden – und tat doch nichts anderes. In zweieinhalb Jahren hatte er mit Porto zweimal die Meisterschaft, einmal den Pokal, den Uefa-Cup und zur Krönung die Champions League gewonnen. Die Geschichte sei auserzählt, sprach Mourinho beim Bankett, er wolle Porto gern verlassen und nach England wechseln, aber noch sei nichts konkret. Den Wechsel zum FC Chelsea gab er erst nach der Rückkehr nach Portugal bekannt und rechtfertigte das mit der schönen Formulierung: „Ich wollte den Klub nicht im süßesten Augenblick verraten!“

Porto muss Spieler günstig verpflichten und teuer verkaufen

Mit Mourinho verabschiedete sich auch der ganz große Fußball aus Porto (der Europa-League-Sieg von 2011 ist, bei allem Respekt, international nur zweitklassig). Die Verteidiger Paulo Ferreira und Ricardo Carvalho nahm er gleich mit nach Chelsea, der begnadete Offensivstratege Deco zog weiter zum FC Barcelona. Als der Sommer vorbei war, hatte der FC Porto seine halbe Mannschaft verloren. Das Unternehmen Titelverteidigung scheiterte schon im Achtelfinale, als sich bereits der dritte Trainer vergeblich am Erbe des José Mourinho versuchte. Seitdem entdecken Portos Scouts zwar mit schöner Regelmäßigkeit in Südamerika großartige Spieler wie den Kolumbianer Falcao oder den Brasilianer Diego. Aber die werden genauso regelmäßig wieder verkauft, weil der Klub sonst an seiner Schuldenlast zerbrechen würde.

Eine Umarmung als Trost

Iker Casillas wird wohl bleiben. Sein Vertrag läuft im Sommer aus, aber der Klub will die im Vertrag fixierte Option auf eine weitere Saison in Anspruch nehmen. Dazu hat Casillas oft genug angekündigt, er wolle auch mit 40 noch im Tor stehen. Sein erstes Jahr in Porto war schwierig, aber im zweiten spielt er wieder auf hohem Niveau. Am Sonntag schaffte Casillas beim 4:0-Sieg in Arouca sein 16. Saisonspiel ohne Gegentor – was die Statistik betrifft, ist er der erfolgreichste Torhüter Europas (in einer allerdings vergleichsweise schwachen Liga). In der Meisterschaft liefert sich Porto ein totes Rennen mit Benfica, nur in der Champions League dürfte mal wieder im Achtelfinale Schluss sein. Zum Trost bleibt Iker Casillas beim Rückspiel heute Abend in Turin nur die Umarmung mit dem alten Freund Gigi Buffon.

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