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Im Zweifel lieber zum Arzt - denn in Foren und Communitys bekommt man mehr Panikmache als gute Ratschläge, meint unser Kolumnist.

© dpa

Kolumne: So läuft es: Lieber zum Arzt gehen als im Internet Panik schieben

Der Läufer von heute ist sein eigener Mediziner. Wer Schmerzen hat fragt sich selbst. Und das Internet. So läuft es. Nicht. Eine Kolumne von Mike Kleiß

„Ich muss mal die Experten hier fragen: Ich habe Knieprobleme. Beim Orthopäden war ich. Der sagte, ich solle ein paar Übungen zur Muskelstärkung machen. Und Einlagen hat er mir verschrieben. Sorry, aber der Arzt kann doch nix. Ich trau dem nicht. Was meinen die Experten? Woran kann es liegen, dass die Knie schmerzen?“ Es ist der gefühlt zehnstausenste Interneteintrag in einem Forum zu einer Gesundheitsfrage, den ich in der Art gelesen habe. Und man möchte der Schreiberin zurufen: Is klar, besser man fragt die Experten in einem Forum nach einer Diagnose, anstatt sich vielleicht eine zweite Arztmeinung einzuholen. Selbstverständlich. Wer geht denn heute noch zum Arzt? Wie Oldschool ist das denn? Ernsthaft, geht’s eigentlich noch?

Für jeden Hypochonder ist das Internet der komplette Alptraum. Ein Kratzen im Hals reicht für einen Freund von mir aus, und er taucht über Stunden hinweg im Netz ab. Er stellt am Ende seiner Recherche fest: Er hat nur noch einen Tag zu leben. Wenn überhaupt. Vor lauter Schreck ist das Kratzen im Hals weg. Ein anderer enger Freund war sich sehr sicher, dass er vom Laufen einen Ermüdungsbruch erlitten hatte. Das jedenfalls wurde ihm von nahezu allen Hobby-Sportmedizinern im Netz klar diagnostiziert. Aus der Ferne natürlich. Ich bin sehr sicher: Internetexperten haben seherische Fähigkeiten. Sie können auch über hunderte von Kilometern quasi die Verletzung fühlen, nein sie riechen sie. Durch das Glasfasergabel hindurch, das Internet ist so wunderbar. Und wie gut, dass es Dr. Google gibt. Er hat garantiert zu jedem Schienbeinkantensyndrom, jedem Leistenbruch, jedem Sehnenabriss eine gute Idee. Ach, am Ende kann man ja alles mit einem Laufbandtest operieren. Da sind sich so ziemlich alle Internetexperten in allen Foren einig. Und wenn es nicht der Laufbandtest ist, der schwere Ermüdungsbrüche wieder zusammennagelt, dann vielleicht die richtigen Laufschuhe. Und deshalb sollte man auch gerade bei der Laufschuhauswahl so aufpassen. Denn wer sich die falschen aussucht, der stirbt. An einem Herzinfarkt. Beim Marathon. Und wenn gar nichts mehr geht, dann muss der kranke Läufer einfach eine Low Carb Diät machen. Kombiniert mit low fat. Das wirkt präventiv gegen eigentlich alle Läuferbeschwerden, vor allen Dingen besonders gut gegen das Läuferknie.

Liebe Läuferin, lieber Läufer. Foren, Communities, Magazine und Tageszeitungen sind dazu da, um sich auszutauschen. Sich zu informieren, sich zu motivieren. Sich selbst und andere. Wenn es aber um den Körper geht, wenn Ihr Schmerzen habt fragt die, die sich damit auskennen. Und geht lieber zu zwei oder gar drei verschiedenen Ärzten. Die Sprechstunden bei Dr. Google fressen ganz sicher mehr Zeit. Und – man mag es kaum glauben – Ärzte haben irgendwann einmal studiert. Wenn sie sich sehr anstrengen, können sie Euch sogar helfen. Verrückt. Also, lasst Euch helfen. Geht zum Arzt. So läuft es.

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