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Kommentar: Bayern, immer nur Bayern

Zu viel Fußball im Fernsehen? Christian Hönicke äußert Mitgefühl mit dem kickmüden Olympioniken Dr. Thomas Bach.

Hin und wieder geben uns auch die Großen unserer Zeit Einblicke in ihr Innerstes. Thomas Bach zum Beispiel. Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes hat sich über die Hegemonie des Fußballs in deutschen Fernsehapparaten beschwert. Vor allem die Öffentlich-Rechtlichen brächten „Fußball, nur Fußball“, sagte er den „Stuttgarter Nachrichten“. Er äußerte seine Zweifel, ob ARD und ZDF ihrer Informationspflicht nachkommen, und schlug eine Art Phoenix-Kanal für den Gesamtsport vor.

Abgesehen davon, dass diese Attacke wohl auch als Antwort auf die Kritik der Öffentlich-Rechtlichen an dem Verlust ihrer exklusiven Olympia-Übertragungsrechte zu verstehen ist, lässt sie mehrere Schlüsse auf die Lebensgestaltung des IOC-Vizepräsidenten zu. Erstens sitzt Bach offensichtlich sonntags immer in der Business Class über dem Indischen Ozean an seinem Firmenlaptop – anders ist es nicht zu erklären, dass ihm das Wintersport-Dauerfeuer bei ARD und ZDF bisher entgangen ist. Zweitens ist Bach weder Fan des Hamburger SV noch ein Anhänger von Werder Bremen. Sonst wäre ihm aufgefallen, dass deren Uefa-Cup- Spiele letzte Woche in Nijmegen und morgen in Mailand nicht über deutsche Plasmaflachbildschirme flimmern. Kein Sender konnte sich dazu durchringen, die Übertragungsrechte zu erwerben.

Anders sieht es heute Abend aus, wenn Bayern München bei Sporting Lissabon antritt. Ob nun Champions League, Pokal oder Bundesliga-Saisoneröffnungsspiel, ob öffentlich-rechtlich oder privat – zu gern zeigt das deutsche TV eine Folge der Endlos-Soap „Bayern gegen Irgendwen“. Bach hätte seinen Ausruf also ein wenig konkretisieren müssen: „Bayern, immer nur Bayern!“ Aber es besteht ja Hoffnung. Wenn Klinsmanns Team seinen derzeitigen Lauf auch in Champions League und Pokal fortsetzt, wird Bach schon bald was anderes sehen dürfen.

Christian Hönicke

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