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Kommentar: Ein flüchtiger Sieg

Die 50+1-Regel bleibt. Christian Hönicke über das Votum der Fußballklubs gegen Investoren.

Geschlossen haben sich die Fußballklubs der Ersten und Zweiten Liga gegen eine Öffnung für Investoren gestellt. Die hatte der Präsident von Hannover 96, Martin Kind, gefordert. Dass die Vereine Herr im eigenen Haus bleiben wollen, ist begrüßenswert. Ihr Votum ist jedoch ein flüchtiger Sieg, der sich noch als Niederlage erweisen könnte. Schließlich haben die Klubs Kind nun unter Zugzwang gesetzt: Wenn er nicht als Maulheld dastehen will, wird er seine Ankündigung wahr machen und vor den Europäischen Gerichtshof ziehen müssen. Und dort wird die 50+1-Regel allem logischen Ermessen nach kaum Bestand haben.

Das wiederum würde die Spirale des totalen Ausverkaufs weiterdrehen, wo doch eigentlich eine (Selbst-)Beschränkung angebracht wäre. Denn das Kernproblem nicht nur des deutschen Fußballs ist, dass er die Geldverbrennung inzwischen als selbstverständliche Begleiterscheinung hinnimmt. Obwohl der Sport zig Millionen Menschen anzieht, schafft es die überwältigende Mehrheit der Profiklubs nicht, profitabel zu arbeiten, sondern steckt im Gegenteil bis zum Hals in Schulden. Ein Grund dafür ist das von Kind zu Recht angeprangerte „zementierte System“, das aufstrebenden Klubs durch die ungleiche Geldverteilung kaum Möglichkeiten bietet, in die Phalanx der wenigen Großen einzubrechen, ohne haarsträubende finanzielle Risiken einzugehen.

Dieses Ungleichgewicht bedroht auf Dauer den sozialen Frieden im Profifußball. Irgendwann wird er nicht darum herumkommen, sich diesem Kernproblem zu widmen. Am besten, noch bevor das ein Richter für ihn übernimmt.

Christian Hönicke

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