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Kommentar: Handball hat Platz zwei verteidigt

Die ARD verschiebt die Tagesschau, weil Deutschland im Viertelfinale spielen. Für Christoph Dach ist das ein verlässlicher Indikator dafür, dass die Handball-Nationalmannschaft weiterhin die Nummer zwei in der öffentlichen Wahrnehmung ist.

Die Faszination des Sports liegt in seiner wunderbaren Irrationalität: Ein einziges Spiel kann die Eindrücke von Wochen, Monaten und Jahren über den Haufen werfen. Fußball-Bundestrainer Joachim Löw hat diese Erfahrung 2012 im negativen Sinne gemacht, sein Handball-Pendant Martin Heuberger macht sie gerade im positiven.

Seit dem WM-Vorrundensieg über Olympiasieger Frankreich hat sich der Eindruck verflüchtigt, Deutschlands Handballer kämpften in der öffentlichen Wahrnehmung um ihren Status als zweite Kraft unter den Nationalteams der Republik. Es scheint fast, als hätte es die Diskussionen über Probleme in der Anschlussförderung und fehlende Weltklassespieler im mitgliederstärksten Handball-Verband der Welt nie gegeben.

Ein verlässlicher Indikator dafür ist der Umgang des übertragenden Senders mit der unvorteilhaften Anwurfzeit (19 Uhr). Die hat die ARD dazu veranlasst, ihr Programm zu ändern und sogar das vielleicht letzte verbliebene Heiligtum im Sendeplan vorzuverlegen: Statt um 20 Uhr wird die Tagesschau heute bereits um 19.40 Uhr ausgestrahlt, also in der Halbzeitpause des Viertelfinals gegen Spanien.

Für den arg in die Kritik geratenen deutschen Handball bietet sich damit die unverhoffte Chance, neue Zielgruppen anzusprechen. Im Sinne der Popularität des Spiels ist das die wohl größte Gelegenheit seit der WM 2007 im eigenen Land, auch wenn sie zugleich die Gefahr birgt, vor einem Millionenpublikum gegen den favorisierten Gastgeber auszuscheiden. Selbst für diesen Fall gilt jedoch: Der deutsche Handball hat in Spanien viel gewonnen.

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