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© Doris Spiekermann-Klaas

Kommentar: Hertha und der Nachbarsjunge

Markus Hesselmann sorgt sich um die nächste Berliner Generation

Hertha hat ein Nachwuchsproblem. Gemeint ist hier jetzt mal nicht die verlorene Generation der Boateng, Dejagah oder Marx – gebürtige Berliner, die anderswo kicken, während Hertha jetzt auf Kobiaschwili setzt. „Hertha wird ein altes Haus“ schrieb der Kollege Sven Goldmann aus dem Trainingslager. Das könnte auch in anderer Beziehung bald wieder stimmen.

Neulich im Treppenhaus: „Na das mit Hertha in dieser Saison ist ja für deinen Jungen schade“, sagte ich zum Nachbarn. „Es interessiert ihn nicht mehr“, war die Antwort. „Wie jetzt? Kein Hertha-Fan mehr? Letzte Saison war er doch noch so begeistert …“ – „Er hat genug davon, dauernd zu verlieren.“

Ich will hier jetzt nicht kleinen Jungen, die von anderen kleinen Jungen als Dauerverlierer gehänselt werden, mit Durchhalteparolen und Geschichten vom Fan-Ethos kommen. Dann lieber eine vergleichende historische Analyse: Als ich 1988 zum Studieren nach Berlin ging, fand ich frappierend, dass es unter meinen eingeborenen Kommilitonen so gut wie keine Hertha-Fans gab. Stattdessen unterstützten viele den 1. FC Köln. Mit Häßler und Littbarski lebten sie ihren Lokalpatriotismus aus.

Wie in den erfolglosen Achtzigern droht Hertha nun wieder der Verlust einer Fan-Generation. Doch es bleibt Hoffnung. Die Gefahr, dass heute ein junger Berliner wegen Alexander Madlung zum Wolfsburg-Fan wird, ist überschaubar. Der Nachbarsjunge hat sich denn auch fürs Erste ganz von der Bundesliga verabschiedet. Er spielt jetzt lieber selbst. Hertha kann ihn als Fan noch zurückgewinnen. Durch eine Siegesserie in der Rückrunde – oder in der Zweiten Liga.

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