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Kommentar: Schluss mit der Romantik!

Von wegen heiliger Ort. Stefan Hermanns über Christoph Daum und seinen plötzlichen Abschied aus Köln.

Christoph Daum besitzt ein Faible für die große Inszenierung, seine Lebensgefährtin hat er einst auf dem Rasen des Müngersdorfer Stadions geheiratet – genau im Mittelkreis. Solche Inszenierungen bedienen sich immer der Überzeichnung, deshalb sollte man sie mit Vorsicht bewerten. Das Kölner Stadion jedenfalls ist, anders als es den Anschein hatte, wohl doch kein heiliger Ort für Christoph Daum gewesen. Nach 917 Tagen als Trainer beim FC hat er dem vermeintlichen Klub seines Herzens die Kündigung zukommen lassen. Ohne Rücksicht auf den Verein, allein für ein finanziell und sportlich interessanteres Angebot. Ist Daum deshalb ein Verräter?

Nein, er war einfach clever genug, eine entsprechende Klausel in seinen Vertrag aufnehmen zu lassen, so wie sich auch die Spieler längst für alle Eventualitäten absichern. Daum ist nicht vertragsbrüchig geworden – anders als Martin Jol beim HSV oder Hans Meyer in Mönchengladbach. Und auch wenn die Häufung derzeit auffällig ist, so lässt sich doch kein genereller Verfall der moralischen Sitten in der Trainergilde feststellen. Moralisch viel verwerflicher ist es, einen Trainer einen Spieltag vor Ende der Saison zu entlassen.

Trainer sind keine Vorbilder, genauso wenig wie es Vereinsvorstände sind oder die Spieler. Wieso sollten sie es auch sein? Der moderne Fußball ist eine Unterhaltungsindustrie, es geht um viel Geld, alle Beteiligten sind interessengeleitet, und zwar ausschließlich von ihren eigenen Interessen. Alles andere ist billige Romantik. Natürlich wird Christoph Daum es künftig schwer haben, einen wechselwilligen Spieler seiner Mannschaft zur Vertragstreue anzuhalten. Aber als ob das jemals einfach gewesen wäre.

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