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Schon wieder gewonnen. Wladimir Klitschko und seine Gürtelsammlung.

© dpa

Kommentar: Wenn Boxen zur Kirmes wird

Millionen schauen zu, wenn die Klitschkos ihre Gegner verprügeln. Dabei hat das ganze mit Boxsport so viel nicht mehr zu tun, meint Jörg Leopold in seinem Kommentar. Was denken Sie? Diskutieren Sie mit!

Mehr als acht Millionen Menschen schalteten am Samstagabend bei RTL ein, als Box-Weltmeister Wladimir Klitschko seinen Herausforderer Tony Thompson in Bern durch den Ring scheuchte. Der US-Amerikaner mit dem Kampfnamen „Tiger“ war vor dem Fight zum bissigen Raubtier erklärt worden. Die Chancen stünden 50:50, hieß es aus dem Klitschko-Lager, Thompson selbst kündigte einen K.o.-Sieg in der neunten Runde an.

Was dann im Stade de Suisse passierte, hatte mit einem WM-Duell auf Augenhöhe nicht das Geringste zu tun. Der „Tiger“ wurde zum Kuschelkätzchen, das an diesem Abend wahrscheinlich sogar vor einer Maus in Deckung gegangen wäre. Immerhin schaffte es Thompson, sich vier Runden lang einigermaßen wegzuducken, selbst zuschlagen wollte er lieber nicht. Als Klitschko dann einmal richtig zulangte, sah sein 40-jähriger Gegner bereits die Sterne über Bern. Einmal erhob er sich noch, dann dachte er wohl an all die Gläubiger daheim, die er mit seiner Gage glücklich machen würde und ging in Runde sechs endgültig in die Waagerechte.

Bilder vom WM-Kampf zwischen Klitschko und Thompson

Boxkämpfe mit den Klitschkos sind reines Unterhaltungsprogramm, das mit Sport nur noch am Rande zu tun hat. Das Fernsehen inszeniert das Ganze dann auch gleich als grellbunte Show, das Publikum schaltet gerne ein. Es lässt sich verführen, wieder und wieder. Und ist hinterher enttäuscht, ein weiteres Mal nur Zeuge einer sportlichen Farce geworden zu sein. Die Klitschkos können für ihre schwachen Gegner nur bedingt etwas. Sie sind konkurrenzlos überlegen, nicht einmal ein Pflichtherausforderer wie Tony Thompson ist in der Lage, seinen großen Ansagen im Ring auch nur ansatzweise Taten folgen zu lassen.

Der große Verlierer ist der Boxsport, allen voran das einstmals so prestigeträchtige Schwergewicht. Mehr als Kirmesniveau hat das alles nicht mehr, aber solange das Publikum grölt, wird sich daran nichts ändern.

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